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Die zwölf Stunden

Neunte Stunde.

[9.1] Nachdem wir den Süden der Erde durchwandert haben, und da die Verhältnisse durchschauet, wohlgemerkt, mehr dem Inwendigen, denn dem Aeußern nach, so wollen wir nun wieder zur nördlichen Erdhälfte zurückkehren, und, wie schon vorläufig erwähnt, dem Inselstaate Japan einen kurzen Besuch abstatten.

[9.2] Doch, wie schon bekannt, werden wir keine Jahre und Monate brauchen, um dahin zu gelangen, sondern sehet nur her auf die euch schon wohlbekannte Tafel, der ganze heidnische Inselstaat liegt schon ausgebreitet vor euren Augen.

[9.3] Betrachtet nur einmal die Küsten; sehet, wie schaurig sie von ihren hohen Klippenzinnen hinab in die sturmbewegte See starren. Sehet ringsum, und ihr werdet wenig Punkte antreffen, die mit der Fläche des Meeres in gleicher Ebene lägen.

[9.4] Sehet, hier im Süden ist ein einziger Punkt, der landungsfähig ist, zu dem auch vermöge der innern Verfassung einige fremde Nationen ihre Schiffe steuern können.

[9.5] Was die andern wenigen Landungspunkte für Inländer betrifft, so sind diese für's Erste weniger oder oft gar nicht zugänglich, und für's Zweite ist es von der dortigen sogenannten allerstrengsten und allergerechtesten Regierung auch aus folgenden Gründen nicht gestattet, daß Ausländer irgend anderswo landen dürfen, denn auf dem bestimmten Landungsplatze,

[9.6] damit für's Erste diese Orte von den ausgearteten Menschen nicht entheiligt werden möchten, und für's Zweite, da die Fremdlinge der großen Gefahren dieser andern kleinen Landungspunkte nicht bewußt sind, und daher unvermeidlichen Schaden und Untergang finden würden.

[9.7] Der dritte Grund aber ist der, weil sich eben dieser Regent im alleinigen Besitze aller Künste, Gewerbe und Geheimnisse wähnt, so ist er in der beständigen geizigen Furcht, daß, wenn Solches den Fremdlingen bekannt werden möchte, es mit seinem Wohlstande geschehen wäre; daher hat er auch nur einen einzigen Landungspunkt bestimmt, allda solche nach seiner Meinung außerordentliche Producte aus besonderem gerechten Mitleiden verhandelt werden.

[9.8] Denn er ist fest der Meinung, wie auch seine ganze Nation, daß er allein sich im Mittelpunkte der Welt befindet, und daß alle Fremdlinge von der ganzen Welt zu ihm kommen müssen, um von seinen außerordentlichen Landesproducten zu kaufen, dadurch zu einem Besitze zu kommen, und aus diesem Besitze sich einen Begriff machen zu können, zu welcher Vollkommenheit das Centralfürstenthum der Welt gediehen ist; ja er ist wirklich in der Meinung, daß die Menschen auf den übrigen Punkten der Erde gar nicht die Fähigkeit besitzen, nur zu ahnen, wie ein gar simples Bimskörbchen verfertiget wird.

[9.9] Wenn er auch Kunde erhält, daß die Schiffe der Fremden außerordentlich künstlich gebaut wären, so werden auf eine solche Nachricht die Berichterstatter allzeit gewaltig geprügelt, da ein solcher Bericht als eine offenbare Majestätsbeleidigung angesehen wird; und wenn er dann einen oder zwei Commissäre dahin beordert, um sich heimlich zu überzeugen, ob die Sache sich wirklich so verhält,

[9.10] und kommen diese dann mit der Nachricht zurück und bestätigen den Bericht, so wird eine solche Bestätigung als ein förmlicher Landesverrath angesehen; denn es spricht dieser Monarch: Wenn Solches nicht durch irgend einen meiner Unterthanen an die Fremden wäre verrathen worden, wie wäre es sonst möglich, daß diese dummen Fremden in den geheimnißvollen wissenschaftlichen Besitz gekommen wären, sich Häuser aus dem Holze zu erbauen, die sie über die Fluthen des Meeres zu tragen vermöchten; denn Solches verstehen nur wir, das auserwählte Volk der Mitte der Erde,

[9.11] und sogleich werden dann von der Haupt- und Residenzstadt abgeordnete Untersuchungs-Commissäre in alle drei Länder beordert, die Küstenvölker in aller Strenge zu untersuchen, von wo aus ein solcher Verrath gegangen ist;

[9.12] und wenn die Commissäre nichts gefunden haben, so werden sie bei ihrer Rückkunft ebenfalls tüchtig durchgeprügelt, und auf drei Jahre ihres Dienstes entlassen, binnen welcher Zeit sie dann wieder über Hals und Kopf studiren müssen, und zwar unter den allerrigorösesten Professoren von der Welt.

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