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Saturnus

Das Land Herrifa und der Heilsberg Girp. Der Sonnenbaum, der Regenbaum, der Haarbaum, der Breitbaum und der Strahlenbaum

[3.1] Was also die Länder und ihre Beschaffenheit betrifft, so sind diese untereinander so verschieden, wie man anfänglich gesagt, sowohl an Form, innerer Bildung und selbst in den Gewächsen und Tieren, Gewässern, Metallen und Steinen, dass nicht irgendein Land dem anderen in irgendetwas gleichkommt. Das Gleiche in allen Ländern dieses Planeten sind allein die dortigen menschlichen Bewohner und die den Planeten umgebende Luft; alles andere ist den größten Verschiedenheiten unterordnet.

[3.2] Und so wollen wir uns sogleich über ein Land hermachen, welches alldort Herrifa genannt wird.

[3.3] Dieses Land ist seiner Umfassung nach größer denn ganz Asien, Europa und Afrika zusammengenommen, und also zwar, als wäre zwischen diesen drei Erdteilen das sogenannte Mittelländische Meer gleich auch trockenes Land. Dieses Land liegt etwas schief über dem Äquator dieses Planeten und hat ungefähr, nach der äußeren Umfassung betrachtet, die Gestalt eines etwas länglichen Eies.

[3.4] Dieses Land ist fürs Erste dasjenige, in welchem die höchsten Gebirge vorkommen und ist im Ganzen mehr gebirgig als alle übrigen. Sein höchster Berg wird von den dortigen Bewohnern Girp genannt und ist nach eurer Berechnung 243.150 Fuß hoch; dessen ungeachtet aber ist er allenthalben mit Gras und allerwohlriechendsten Kräutern selbst bis in die höchste Spitze bewachsen. Er hat durchgehend keine steilen, sondern nur sanftere Abdachungen und kann daher von den dortigen Bewohnern ohne alle Mühe so leicht erstiegen werden, als wenn ihr bei euch auf eure sogenannte Hochplatte ginget. Dieser Berg ist zugleich die Apotheke der Bewohner und auch der Tiere dieses Landes. Denn, wie schon gesagt, da findet man die wohlriechendsten Kräuter, und somit findet auch jeder für was immer für eine mit der Zeit folgende Krankheit sein heilendes Kräutel. Und aus diesem Grund ist dieser Berg und die umliegenden Gegenden, welche zusammen einen Flächenraum von über 100.000 Quadratmeilen ausmachen, der allerbewohnteste Teil dieses Landes.

[3.5] Was die Bäume anbelangt, so sind hier nur zehn Gattungen. Aber jede Gattung ist so beschaffen, dass sie nicht so wie bei euch nur alle Jahre ein- oder zweimal eine Frucht zum Vorschein brächte; sondern es ist da stets Blüte und reife Frucht anzutreffen.

[3.6] Unter den Bäumen zeichnet sich besonders der sogenannte Sonnenbaum, alldort Gliuba genannt, aus. Dieser Baum erreicht eine Höhe von oft mehr als hundert Klaftern. Sein Stamm ist oft so dick, dass ihn hundert Menschen von euch nicht umfassen würden. Und seine Äste breiten sich nach eurer Rechnung und Messerei nicht selten eine Viertelstunde weit hinaus vom Stamm, und damit sie aber nicht vermöge ihrer Schwere vom Stamm abbrechen, so treiben sie auf ihrer unteren Seite, auf eine ähnliche Art, wie der sogenannte Bahahania-Baum auf der Erde, senkrechte Stützzweige hinab zur Erde, welche, wenn sie ausgewachsen sind, der schönsten Kolonnade gleichen. Solche Stützzweige gehen sogar von den obersten Ästen hinab, dass da ein solcher Baum, wenn er vollkommen ausgewachsen ist, aussieht als wie bei euch auf der Erde ein kleiner Basalt-Berg, nur mit dem Unterschied, dass zwischen den senkrecht hinabgehenden Stützzweigen noch immer so viel Raum übrigbleibt, dass man allenthalben sehr bequem zum Stamm gelangen kann.

[3.7] Ein Blatt dieses Baumes ist so groß, dass hier auf der Erde ein Fuhrmann seinen schweren Wagen ganz überdecken könnte. Seine Farbe ist so blau wie die Feder eines Pfaues, und ist mit den schönsten Zeichnungen verziert, und behält seine Frische und den ganzen Farbenschmelz selbst im trocknen Zustand, der dem auf der Erde gleicht, so ein reifes Blatt vom Baum fällt, was eben auch dort der Fall ist, nur mit dem Unterschied, dass ein solcher Baum nie entblättert wird; sondern sobald irgendein oder das andere Blatt reif vom Baum fällt, wächst demselben oder für dasselbe auf einem anderen Ort schon wieder ein anderes nach. Die Bewohner dieser Gegend sammeln diese Blätter. Und da diese Blätter sehr zäh und nicht leicht zerreißbar sind, so werden aus ihnen eine Art Oberkleider auf eine recht geschmackvolle Art bereitet, welche die Stelle eurer Mäntel vertreten. Sie können auch gar wohl auf dem bloßen Leib getragen werden, weil sie sehr sanft und weich sind; denn die Oberfläche dieser Blätter ist also nicht so glasglatt wie bei manchen Blättern eurer Bäume, sondern sieht so aus wie euer Sammet [Samt]. Besonders ein wunderschönes Farbenspiel geben diese Blätter im Sonnenlicht, fast so wie die Schweiffedern eines Pfaues bei euch; nur dass sie mehr noch und brillanter glänzen als die benannten Federn. So ist das Blatt dieses Baumes; wenn es noch jung ist, sieht es aus wie poliertes Gold, wenn es mit einer leichten blauen Farbe überstrichen ist.

[3.8] Wie sieht denn die Blüte dieses Baumes aus? Bei der Blüte könnte man wohl auch mit dem größten Recht behaupten: Salomon in aller seiner Königspracht war nicht so gekleidet, wie diese Blüte an und für sich ist. Am meisten gleicht die Blüte dieses Baumes euren Rosen, nur mit dem Unterschied, dass die Rose nicht gefüllt ist, sondern einen weiten Kelch bildet, ungefähr so, wie die Dornrosen in den Hecken. Die Blätter sind ganz hellrot und deren dreißig in einer einzigen Blüte, ein jedes von der Größe ungefähr eines großen Bogens Papier bei euch. Der Rand eines jeden Blattes ist mit einem vergoldeten Saum versehen und wird immer dunkler rot gegen das Innere des Kelches. Aus der Mitte des Kelches laufen zwei armdicke und klafterlange Staubfäden, welche ganz durchsichtig sind und aussehen wie bei euch die Eiszapfen im Winter. An der Stelle jedoch, wo eure Blumen gewöhnlich in die sogenannten Staubbündel auslaufen, laufen diese zwei Staubfäden in zwei eigentümliche Blumen aus, welche so glänzen, als wenn da eine Flamme brennen möchte, und zwar die eine grünlich leuchtend und die andere rot; jedoch viel leichter rot als die Blume selbst. Die Blume oder die Blüte verbreitet einen ungemein herrlichen Wohlgeruch. Und ihre Blätter wie auch ihre Staubfäden werden von den Bewohnern sorgfältig gesammelt. Und die Blätter werden dann gebraucht als stärkende Medizin, die Staubfäden aber werden von den Bewohnern als eine besondere Lieblingsspeise genossen.

[3.9] So sieht die Blüte aus. Was bringt sie denn für Frucht zum Vorschein? Hier dürfte es ein wenig schwerfallen, euch einen vollständigen Begriff davon zu schaffen, dieweil auf der Erde nichts Ähnliches vorkommt. Damit ihr euch aber jedoch irgendeine Vorstellung davon machen könnt, so denkt euch einen langen, sechseckigen, feuerroten, mannsarmdicken Stiel, welcher am Ende in viele Stiele ausläuft. Da er aber mit dem Zweig verbunden ist, läuft er in einen großen Knoten aus, welcher sich erst zwei Spannen lang vom Stamm in den benannten Stiel ausbildet. An diesem Stiel hängt eine knorrige Frucht von der Größe, dass vier starke Menschen auf eurer Erde daran hinreichend zu tragen hätten. Innerhalb dieser Knorrfrucht ist ein unansehnlicher, kleiner Fruchtkern, ungefähr von der Größe einer Nuss bei euch, von grüner Farbe und steinfest. Das Fleisch dieser Frucht schmeckt gerade so, als wenn ihr Brot und Mandelfrüchte ein wenig gezuckert essen möchtet. Aber jede der vielfach in einer knorrigen Frucht vorkommenden Knorre ist hohl, und diese Höhlung ist zur Hälfte angefüllt mit einem Saft, der so schmeckt wie der allerbeste Met bei euch. Was die Farbe des Saftes anbelangt, so sieht sie gelb aus, also wie bei euch ein guter alter Wein. Das Fleisch der Frucht sieht weißlich aus; die äußere Rinde der Frucht aber hat ein graues Aussehen, und mitunter so, als wäre sie matt versilbert.

[3.10] Die Menschen, die unter einem solchen Baum leben, sind für alle ihre Bedürfnisse gedeckt, und haben keinen Grund oder ein Stück abgegrenzten Landes; sondern ihr Anteil ist ein solcher Baum, der nicht zugrunde geht, sondern fort und fort wächst, und zwar mehr in die Breite als in die Höhe. Aber es fragt sich hier, da dieser Baum zu einer solchen Höhe hinanwächst, wie kann er denn überall erstiegen werden, und die Frucht vom selben genommen? Seht, auch dafür ist gesorgt! Denn sowohl der Stamm als ein jeder Ast haben links und rechts gewisse Dornaustriebe, da sie dadurch fast aussehen, als bei euch eine sogenannte Taubenleiter, wodurch er [der Baum] denn auch ohne die geringste Gefahr selbst bis in seinen höchsten Gipfel, wie auch in dessen äußerste Zweige bestiegen werden kann. Und so auch alldort wirklich jemand ausglitte und fallen möchte, so würde er sich dadurch nicht im Geringsten beschädigen, weil sowohl Menschen als Tiere auf diesem Planeten für die größte Not sich eine Zeit lang frei in der Luft erhalten können, und können daher zu ihrer Belustigung sogar von den höchsten Gipfeln solcher Bäume freiwillig herabspringen, welches Experiment besonders die Jungen nicht selten ausführen. Dass solches hier möglich ist, werdet ihr dadurch ziemlich leicht ersehen, so ihr bedenkt, dass der einige tausend Meilen abstehende Ring die Anziehungskraft zwischen ihm und dem Planeten so teilt, dass sie sich so verhält wie 1 zu 3/5. Wenn zu diesem erleuchtenden Verhältnis noch eine organische zweckdienliche Beschaffenheit dazukommt, so wird dieser Unterschied gar leicht aufgehoben und der Mensch in die Fähigkeit gesetzt, sich eine bedeutende Zeit lang frei in der Luft zu erhalten.

[3.11] Und somit hätten wir einen Baum kennengelernt, und bleiben uns noch neun Gattungen übrig, welche an und für sich nicht so ansehnlich und den Menschen nützlich sind, wohl aber den Tieren, welche alldort vorkommen, und namentlich jenen, die euren Vögeln gleichkommen.

[3.12] Vorzüglich bemerkenswert und auch zum Mitgebrauch für die Menschen bestimmt ist der sogenannte Regenbaum, alldort Briura genannt. Dieser Baum hat nur, so wie eure Fichten, einen Stamm, der nicht selten eine Höhe von vierzig Klaftern erreicht und oft eine Dicke hat wie ein mittlerer Kirchturm bei euch. Seine Zweige breitet er eben sehr weit aus und beinahe in derselben Ordnung wie bei euch die Fichte. Seine Blätter jedoch sind nichts als lauter weißgrüne Röhrchen, die immerwährend das reinste Wasser von sich traufen lassen. Aus diesem Grund machen die Menschen um einen jeden solchen Baum eine Art Bassin im Durchmesser von hundert Klaftern, aus welchem Grund denn ein jeder solcher Baum in der Mitte eines bedeutenden Teichs zu stehen scheint. Diese Bassins aber machen sie darum, um dadurch das Wasser, das sehr reichlich von einem solchen Baum kommt, zu sammeln und es sowohl für sich als auch für ihre wenigen Haustiere zu gebrauchen.

[3.13] Ihr werdet fragen: Gibt es denn alldort, und namentlich in dieser Gebirgsgegend keine Quellen, so wie auf unseren Bergen? Und ich sage: Es gibt derselben auch dort in großer Menge; davon einige nicht selten auf einmal so viel Wasser von sich geben, dass sich eure Mur dagegen verbergen müsste. Allein dieses Quellwasser wird als zu roh von den dortigen Menschen nicht gebraucht. Dieses Baumwasser dagegen aber ist für sie so viel wie gereinigt und wie gekocht; daher es von ihnen auch zu allem, wozu sie Wasser benötigen, gebraucht wird. Denn sie sagen: „Das Quellwasser ist nur gemacht für die Tiere im Wasser und zu tränken das Erdreich; aber für die Menschen und edleren Tiere hat der große Gott den Baum erschaffen, dass er da von sich gebe ein wohlzubereitetes Wasser.“

[3.14] Seht, das ist also eine zweite Gattung des Baumes, welche Gattung freilich in einem viel unvollkommeneren Zustand wohl auch auf der Erde hie und da, besonders in den tropischen Ländern vorkommt.

[3.15] Nachdem wäre zu bemerken der weiße Haarbaum, alldort Kiup genannt. Dieser Baum hat ebenfalls einen geraden Stamm, welcher nicht selten eine Höhe von dreißig Klaftern erreicht und eine verhältnismäßig vollkommen runde Dicke. Er hat keine Zweige, sondern der Gipfel dieses Baumes treibt eine Art silberweißer Fäden so von sich, dass diese ihrer Reichhaltigkeit wegen ein großes Bündel bilden. Das Haar oder die Fäden hängen oft bis zur Hälfte des Stammes herab und umgeben den Stamm in einer Dicke von mehreren Klaftern. Wenn da irgendein Wind geht, so machen diese Bäume, wie auch im ruhigen Zustand, eine wunderschöne Figur, und ein Wald von solchen Bäumen sieht dann aus, als wenn die Bäume ganz mit Schnee überdeckt wären. Die herabfallenden Haare werden von den Menschen sorgfältig gesammelt und daraus eine Art Leinwand verfertigt, welche sehr elastisch, weich und haltbar ist. Das ist ungefähr die ganze Nutzanwendung, welche die dortigen Menschen von diesem Baum machen.

[3.16] Nach diesem ist zu bemerken der sogenannte Breitbaum, alldort Brak genannt. Dieser Baum hat nichts Ähnliches auf dieser Erde; denn er wächst alldort wie eine goldrote Wand aus der Erde, und zwar anfangs in lauter in einer Linie gestellten, runden Stämmen, welche aber nach und nach bald so fest sich aneinanderschließen, dass sie nur eine Wand ausmachen. Eine solche Wand hat nicht selten eine Länge von mehreren hundert Klaftern und erreicht manchmal auch eine Höhe von zwanzig bis fünfundzwanzig Klaftern. Die Wand hat weder Äste, Zweige noch Blätter; aber der oberste Rand dieses Baumes sieht so aus wie ein blaugrünes, dichtes Spalier, dessen Blätter nicht unähnlich sind den Blättern des Platanenbaumes auf eurer Erde. Aus der Mitte dieses Spaliers laufen oft ziemlich hoch spitzige Stämmchen empor, welche Blüten und die eigentliche Frucht bringen. Die Frucht wird jedoch von den Menschen nicht genossen, sondern nur von den Vögeln, und besteht in einer Art rötlicher und länglicher Beeren. Aber die herabfallende Blüte wird auch von den Menschen gesammelt, und werden damit Säcke ausgefüllt, auf denen die Menschen alldort auszuruhen pflegen, und das zwar ihres stärkenden und guten Geruches wegen. Ein Wald von solchen Bäumen gleicht oft einem großen Irrgarten. Und wenn die Menschen alldort die Blüten sammeln, so machen sie Zeichen, um sich darinnen nicht zu verirren und wieder in ihre Heimat gelangen zu können. Das ist alsdann das Ganze des sogenannten Breitbaums. Sehr schön sieht eine solche Baumgruppe von der Sonne beleuchtet aus, allda die Wand einen starken Widerschein gibt, so als wie bei euch eine vergoldete Fläche.

[3.17] Noch ist zu bemerken der sogenannte Strahlenbaum, Bruda genannt. Dieser Baum ist von ganz gelber Farbe, hat einen geraden Stamm, der nur links und rechts Zweige und Äste in stets geraden Linien von sich treibt. Die unteren Teile der Äste treiben auch ein kurzes weißes Haar; die oberen Teile aber sind blank. Laub hat dieser Baum durchaus keines; sondern die äußersten Spitzen der Äste haben eine Art Sterne, welche graulich aussehen und so ziemlich regelmäßig in sechs Spitzen auslaufen. Jede Spitze hat eine kleine Blume, nicht unähnlich der Glockenblume auf eurer Erde – auf welche Blume dann eine rötliche Frucht folgt, nicht unähnlich derjenigen bei euch, die ihr unter dem Namen Hethschepetsch [Hagebutte] kennt.

[3.18] Wenn ihr euch von diesem Baum einen ziemlichen Begriff machen wollt, so seht eine sogenannte Monstranz an, nur mit dem Unterschied, dass er eine riesenmäßig große Monstranz bildet. Von diesem Baum wird von menschlicher Seite beinahe gar nichts gebraucht, sondern auch sie legen mit diesem Baum, wie ihr auf der Erde, bloß zierliche Alleen an.

[3.19] Was die anderen Bäume anbelangt, wie auch einige Pflanzen von besonders merkwürdiger Art, wird euch bei der nächsten Mitteilung, wie bisher, alles umständlich mitgeteilt werden. Und daher für jetzt Amen.

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