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Saturnus

[27.16] Ihr werdet da wohl auch selbst fragen: Ja, wenn dieses Thier so schwer zu fangen ist, warum geben sich denn die Saturnusbewohner so viele Mühe, um eines solchen habhaft zu werden? Sehet, dazu treibt die Saturnusbewohner eine Art Aberglaube, aber dieser Aberglaube gehört nach eueren Begriffen in das sogenannte quacksalberische medicinische Fach; denn die Saturnusbewohner sind der Meinung: Weil dieses Thier die allerkräftigsten und wohlriechendsten Kräuter genießt, so ist dessen Fleisch also etwas Gesundes, daß derjenige, der davon nur etwas Weniges genossen hat, nimmermehr zu sterben vermöchte. Das also ist der Grund, warum dieses Thier so fleißig gejagt, aber nur höchst selten gefangen wird oder werden kann.

[27.17] Es geht aber den Saturnusbewohnern mit diesem medicinischen Glauben nicht viel besser, als so manchen Menschen auf dieser Erde, welche auch allerlei Mittel kennen, wodurch sie das Leben des Leibes zu verewigen glauben; die Erfahrung aber belehret sie doch tagtäglich, daß der Tod der der Materie durchaus nicht abgehalten werden kann. -

[27.18] Was thuen aber solche Menschen trotz der täglichen Erfahrung, die ihre Mittel fortwährend zu schanden macht? Sie thun ein solches Mittel in ein außerordentlich geheimnißvolles Fach ihrer belebenden Wissenschaft und sagen: Dieses Mittel muß genau um Mitternacht eingenommen werden, und zwar in der höchst genau vorgeschriebenen Portion; ein tausendstel Gran darunter oder darüber macht das Mittel unwirksam.

[27.19] Reicht dieser medicinisch pfiffige Weisheitskniff nicht aus, so wird, um die Sache noch verwickelter und schwerer zu treffen zu machen, zum Einflusse der Gestirne die Zuflucht genommen. Wo dann ein solcher mystischer Lebensmediciner mit großer, höchst unverständiger Beredtsamkeit darthut, wie da der Mond stehen, in welchem Viertel, in welchem Zeichen die Sonne übergehen muß, und das zwar gerade um die Mitternacht. Wenn z. B. die Sonne gerade um Mitternacht nicht in das Zeichen des Löwen und der Mond nicht in das Zeichen des Steinbocks, ein anderer Planet nicht in dieses, oder wieder ein anderer Planet nicht in ein anderes Zeichen zur nämlichen Zeit übergeht, so ist das ewige Lebensmittel ohne Kraft und Wirkung.

[27.20] Leichtgläubige Menschen glauben dann solchen mystischen Weisheitspredigern, und kaufen sich stets zu einem hohen Preise ein solches ewiges Lebensmittel, und schauen sich hernach im Besitze dieses Mittels in den Kalendern fast zu Tode, wenn der Mond, die Sonne und alle übrigen Planeten gerade um die Mitternacht in die vorbestimmten Zeichen übergehen würden. Da aber, was ihr auch ohne tiefe mathematische Kenntnisse leicht einsehet, diese astronomischen und astrologischen Zeichenstand- und Uebergangs-Verhältnisse wohl entweder gar nie, oder vielleicht höchstens nur in einer oder mehreren Millionen von Jahren einmal annähernd eintreffen können, so hebt sich nach der mystisch-klugen Speculation eines solchen ewigen Lebensbringers die Wirkung solcher außerordentlicher Mittel so gut wie von selbst auf; er aber bleibt unverantwortlich, weil er immer sagen kann, es sind ja nicht alle Umstände eingetroffen.

[27.21] Sehet, gerade also wird in unserem Saturnus das Fleisch dieses Thieres benützt; nur sagen da die Saturnus-Lebensärzte: Wenn ein solches Mittel nicht die bedungene Wirkung hervorgebracht hat, daß von dem Menschen, der ein solches Mittel gebraucht hat, eine große Unvorsichtigkeit dadurch begangen wurde, wenn er das Mittel etwa nicht in der Schattenzeit des Ringes, sondern im Sonnenlichte eingenommen habe; bei welcher Gelegenheit es dann ohne Wirkung sein muß.

[27.22] Sagt aber ein Verwandter des Verstorbenen einem solchen Lebensbringer, daß der Verstorbene das Mittel wohl unter dem Schatten des Ringes eingenommen habe, so fragt ihn der Mediciner gleich, wie bei dieser Gelegenheit die Monde gestanden sind? Kann der Befragte darüber die Auskunft ertheilen, so wird natürlich der Stand der Monde vom Lebensbringer allzeit als seinem Mittel höchst nachtheilig mit großer Beredtsamkeit erklärt. Weiß aber der Befragte darüber keinen Bescheid zu geben, so ist das ohnehin das beste Wasser auf die Mühle unsers ewigen Lebensbringers.

[27.23] Manchsmal geschieht es aber auch, daß ein Verwandter eines solchen an einem ewigen Lebensmittel verstorbenen Menschen zu einem andern ewigen Lebensbringer fragen geht, warum dieses Mittel schon wieder fehlgeschlagen habe? Da könnt ihr euch schon von selbst denken, welche Auskunft ihm dieser andere Lebensbringer über das verunglückte Heilmittel seines Collegen ertheilen wird; nämlich keine andere, als daß er sagt: Warum seid ihr nicht zu mir gekommen? Denn es ist ja bekannt, daß sich dieser Mensch mit falschen Mitteln abgiebt; und um den andern zu überzeugen, daß das Mittel sicher muß falsch gewesen sein, zeigt er ihm sogleich ein anderes gefärbtes Mittel, und das ist für den Fragesteller genug, um einzusehen, warum das Mittel des andern nichts gefruchtet habe.

[27.24] Bei solchen Gelegenheiten geht dann ein solcher Verwandter des Verstorbenen nicht selten auch wieder zu demjenigen Lebensbringer zurück, den er als einen Betrüger ansieht. Wie zieht sich aber dann dieser aus der Schlinge? Der führt unseren Rechenschaftsforderer alsogleich zu einem gleichgesinnten und gleichunterrichteten Nachbarn, und sagt dann zu ihm, nämlich zu dem Rechenschaftsforderer: Siehe, dieser und dieser und dieser haben mein Mittel gerecht gebraucht, frage sie, wie alt sie schon sind. Wenn nun der also Aufgeforderte einen oder den andern um sein Alter fragt, so bekommt er gewöhnlich eine also hochalterliche Antwort, daß ihm darob das Hören und Sehen vergeht. Gewöhnlich aber sagen solche nach dem Alter Gefragte nie die Zahl der Jahre an, sondern sie führen gewöhnlich außerordentliche Facta, die sie alle schon erlebt hatten, als Beweis ihres Alters an. So sagt z. B. Einer, er wisse noch gar gut, daß dieser oder jener hohe Berg noch gar nicht bestanden ist. Ein Anderer zeigt wieder auf den lichten weißen Streifen über dem Himmel und sagt, er habe gesehen, wie dieser Ring von dem großen Geiste ist über das Firmament gespannt worden. Ein Dritter weiß noch die Zeit gar gut, wo noch kein Mond am Firmamente sich befand; und so weiß Einer um den Andern einen bessern Grund seines Alters, denn sein Vorgänger anzugeben. Wenn dann unser Rechenschaftsforderer mehrere solche Aussagen vernommen hatte, dann giebt er sich gewöhnlich zufrieden, und kauft noch oben darauf vom Doctor, der nicht jünger ist, als seine Nachbarn, ein solches Mittel und geht damit vergnügt nach Hause.

[27.25] Sehet, das ist nun Alles, was sich bei der Gelegenheit der Betrachtung dieses Thieres kundgeben läßt. Daher wollen wir uns auch von diesem Thiere zu noch einem nicht zahmen Thiere dieses Weltkörpers wenden, und sodann auf einige zahme Haustiere übergehen.

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