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Pathiel

[1] Was meint ihr kleinen Völker auf der Erde fernen Zonen / und ihr Geschlechter alle, die ihr seid, um Sterne zu bewohnen? / Was meint ihr Erden, Mond’, und all ihr großen Sonnen, / und ihr auch, die ihr über allen Sonnen pflegt zu thronen? / Die welche aus der Gottheit zahllos größten Liebetaten / als allergrößte sich im treuen Herzen möcht verraten? / O ratet nicht auf die Unendlichkeit, erfüllt von ihren Werken, / obschon der Größe nicht einmal die größten Engel merken! / Auch ratet nicht auf der Atome Zahl in all den Räumen / und wie unendlich viel im Endlosen da möchten säumen.

[2] O ratet nicht auf zahllos Milliarden Hülsengloben, / in deren jeder Milliarden Sonnen sind geschoben, / o ratet nicht auf jene Zahl von großen Geister-Heeren – / und lasst euch selbst von Engelsgrößen nicht zu leicht betören, / obschon nun eines Engels Auge spottet allen Globen, / denn Größres fasst des Wimper schon, als all die Welten loben! / O denket nicht, wie viel in einer Stund sich Leben mehren / in all’n endlosen Räumen, ja in allen Äthers Meeren. / O denket, dass in allen diesen nicht wird zu erraten / da sein der ew’gen Liebe größte aller größten Taten.

[3] Ihr möget raten hin und her und auf und ab gleich Blitzen / und eure Phantasie in aller Sonnenglut erhitzen – / und tun dergleichen fort und fort durch alle Ewigkeiten, / des ungeacht’t werd’t ihr der Wahrheit Spur nicht näher schreiten; / wohl aber euch entfernen mehr von ihr zu Trillionen / und werd’t verlieren noch, da ihr zu zählen habt begonnen. / Daher auch suchet nimmer ihr in all den Schöpfungsräumen, / ihr werd’t nicht finden, wo der Liebe Größtes pflegt zu keimen. / Es deckt der kleine Finger aber an das Aug’ gehalten / schon mehr, als du in allen Ewigkeiten möchtst entfalten.

[4] Und bin Ich auch unendlich schon in einer Milbe Leben / und größer noch in jenen Punkten, die in Räumen schweben, / von da ihr Licht zu euch durch ungemessne Fernen blitzet, / wenn euch der Nächte Dunkel mild vor grell’ren Strahlen schützet. / Und möcht’t ihr alle die Unendlichkeiten ängstlich treu summieren / und wie am Staube, so an Sonnen Meine Größ’ probieren; / wie schon gesagt, es würd’ euch dieses alles wenig nützen / und möcht’t ihr euch in Milliarden Tropfen auch zerschwitzen. / Nur eines ist, auf das ihr alle gar getreu sollt merken, / und dieses ist: Den Größten schaun in Seinen kleinsten Werken!

[5] Was meinst du treuer Forscher in der Gottheit Wunderhallen, / das welche Wunder ist das größte wohl in allen? / Du sagst: „Das Licht ist wohl das größte, das ein Aug’ mag schauen, / denn ohne Licht wär’s eine Torheit, eine Welt zu bauen!“ / So übel war, du Forscher, deine Antwort wohl mitnichten; / denn nur im Lichte pflegt der Große alle Werk’ zu richten. / Doch wenn das Licht du möchtest als der Wunder größtes preisen / und so der Wirkung statt dem Grunde deine Treu erweisen, / wär das nicht so, als wenn da jemand ernstlich möchte sagen: / Der Tag ist größer denn die Nacht, gemacht das Licht zu tragen.

[6] O wahrlich, nicht das Licht ist es, das unter allen Taten / als aller Wunder größtes sich in Meiner Größe möcht beraten; / denn wär im Lichte wohl zu finden Meiner Taten größte, / auf dass sie dir daselbst der Knoten allverworrnsten löste, / so wär der kleinste Funke, der dem Lichte ist entsprossen, / als Licht dem großen Lichte gleich, das allorts ausgegossen / ist über Sonnen, Welten und in allen freien Räumen, / in welchen erst zu neuen Sonnen große Samen keimen. / O sieh, wie arg du treuer Forscher so dich hast gefangen! / Daher du sollest richten nach was andrem dein Verlangen.

[7] Was meinst du trauter Späher, wühlend in der Sterne Bahnen, / was dünkt als Größtes dir, daran dich deine Sterne mahnen? / Du sagst: „Der Raum ist es, in dem sich alle Größen messen, / in dem am End’ doch aller Größen größte wird vergessen.“ / Auch du hast übel nicht, Ich sag es dir, das Ding beraten, / denn in dem Raum sind ja vollbracht von Mir die größten Taten; / ja ohne Raum möcht niemand auch nur eine Milb’ erschaffen, / nicht einmal ein gar kleinstes Atom von der Stelle schaffen. / Doch wenn den Raum du als das Allergrößte magst bekennen, / mit welchem Namen wirst du denn die Ewigkeit belehnen?

[8] O sieh, wie gröblich wieder du an Mir dich hast betrogen, –/ nicht Mich, nicht andre, höre! – dich nur hast du angelogen! / Denn wär der Raum das Größte, wie du irrig pflegst zu meinen, / o siehe, alle Engel würden solche Größ’ beweinen! / Sie würden sagen: Wo zwei gleiche Größen sich aufwiegen, / wie soll da eine wohl der andren weichend unterliegen? / Denn wo der Tatengrößen sich als Größte soll bekunden, / da wird von Raum und Zeit und Licht fürwahr nicht viel empfunden; / denn außer Raum und Zeit gestellt ist schon des Geistes Leben, / wie soll denn der besiegte Raum dir das Bedungene geben?!

[9] Was möchtst du heller Seher Mir als Größtes denn besingen / und so als hoher Fragen Preis die Weisheit dir erringen? / Doch merk, nur eines darfst aus deiner Kammer du Mir nennen; / denn zwei kann niemand je als eine Größe gar bekennen! / Du sagst: „Es ist ja die Unendlichkeit!“ – Ich bin zufrieden, / denn Größres mag dein Mund wohl nennen nicht im Raum hienieden. / Und wahr ist es, es wieget die Unendlichkeit die Größen / sowohl in Zeit und Raum, und alles wird nach ihr bemessen. / Doch eines hätten wir, Mein heller Seher, bald vergessen! / Wornach die Fruchtbarkeit der Infusorien wird gemessen?!

[10] Spricht denn Endloses sich in Zeit und Raum nur aus hienieden? / Was ist denn jeder Teilung dann hernach für Los beschieden? / Und findst Endloses du bei eines Stäubchens Teilung walten / und siehst, dass solches eigen ist den niedrigsten Gestalten, / wie mochtst du wohl erwähnet haben, das nicht löst die Frage, / in welcher Ich für dich und alle Kinder Liebe trage! / Und wär Unendlichkeit das Größte, was du Mir magst nennen, / o sieh, was möcht Mich dann, wie dich, vom losen Staube trennen? / Und möcht ein Ding so klein und kleiner als ein Punkt dir scheinen, / Unendlichkeit ist’s innen, glaub, sonst wirst dein Irr’ beweinen.

[11] O sieh, was zahllos Dingen ist zu gleichen Graden eigen, / wie könnt in solchem sich denn Meine größte Größe zeigen, / wo eines vor dem andren nicht hat ein Atom zuguten, / wie wär darinnen Meiner Taten größte zu vermuten!? / Ist denn ein Unterschied von einer Welt zu einer Milbe? / O sag ein endlos Mehr aus beiden Mir in einer Silbe! / Und kannst du solches nicht zur Stell gar leicht zuwege bringen, / Ich sag, wirst leichtlich nicht zur Lösung Meiner Frage dringen. / Denn wahrlich, im Endlosen ist das Größte nicht begraben, / daher wirst du schon müssen an was andrem dich erlaben.

[12] Und du, Mein lieber Priester, stehend auf des Lebens Stufen, / zu lehren vom Katheder Weisheit allem Volk berufen, / was möchtst in deiner Lehr’ von Mir als Größtes du erfassen / und solches treulich künden dann der Kreatur auf allen Straßen? / Doch nimm, Ich sage dir, bei aller Treu dich wohl zusammen / und nenn Mir nicht den Frühern gleich den nächsten schlechten Namen; / denn sieh, Mein Priester, Tiefres kannst und sollst du Mir verkünden / denn all die Frühern. Schande dir, kannst du das nicht entbinden, / darinnen du als Größten Mich dem Volke möchtst besingen. / Nun sage denn, das klug dir deucht, ohn etwas zu erzwingen!

[13] Nun gut, Ich hab vernommen deines Mundes treue Kunde. / Du hast wohl überdacht in Treue „Meines Herzens Wunde“; / Ich bin zufrieden, hast das Größte du auch nicht getroffen, / so kannst du aber doch in deiner Antwort Größres hoffen. / Doch sieh, in Meiner Seitenwunde liegt nicht viel zu Grunde, / als Tat von Mir zu künden sei wohl ferne deinem Munde. / Wie möcht sich ein Erschlagner denn wohl seiner Wunden rühmen? / O solcher Ruhm möcht sich im Herzen wie ein Wurm nur krümmen; / wenn Mir der Schergen einer hat das treue Herz durchstoßen, / o sag, hab solches Ich getan, hab Ich Mein Blut vergossen?

[14] O sieh, Mein lieber Priester, kannst du solches Mir ansinnen / als eigne größte aller Taten, das ein Scherge konnt beginnen, / und dann gar zeugen noch von Mir in aller Erde Zonen / und sagen, dass die solches Glaubens werden bei Mir wohnen? / Ist denn das eigne Tat, so jemand wird erhängt am Galgen? / O wahrlich, sieh, nach solcher Taten Ruhm gar neidig balgen / wird niemand sich; wie magst du solches denn von Mir verkünden / und als der Gottheit Taten größte noch dazu entbinden?! / Weißt du den Unterschied denn nicht von Tat und bittrem Leiden? / Du tuest besser, still zu sein, magst solches nicht entscheiden.

[15] Doch weil du näher denn die andern bist der Spur gekommen, / so werde dir den andern gleich nicht aller Mut benommen; / Ich will dir zeigen denn, was dich noch hält in Irr’ gefangen, / es soll dir aber nicht vor Meiner großen Treue bangen! / Du hast das Mittel statt den Zweck allein nur auserkoren / und hast dadurch auf eine Zeit die größte Tat verloren; / nun denke so dem Zwecke nach und lass das Mittel laufen – / und wirst dann bald erfahren, wie Ich pfleg mit Geist zu taufen. / Und wann du selbsten wirst von Meinem Geist getaufet werden, / da wirst denn bald ersehen doch der Liebe Größ’ auf Erden!

[16] Du frommer Dulder, siehe her, dir liegt der Preis vor Augen! / Sag du Mir auch etwas, das möcht für Meine Größe taugen; / was ist’s aus Meiner Taten Fülle, das zumeist dir dünket, / vor dem die größte Großtat rein ins Nichts hinuntersinket? / Denn sieh, du hast gut raten, da von dir Ich nicht verlange, / wie von den erst’ren Weisen; rede und sei des nicht bange, / ob du Mir recht, ob nicht die beste Antwort werdest finden. / Fürwahr, ob so, ob so sich finden wird in deinem Künden, / dein Heil, Ich sage dir, wirst darum nimmermehr verlieren / und möchtest du in deiner Antwort noch so weit dich irren.

[17] Recht gut, Mein frommer Dulder, ist die Antwort ausgefallen! / Fürwahr, es liegt in deiner Silbe Größres denn in allen / erdachten Größen, ausgesprochen von den frühern Weisen, / obschon sie ihre Worte schöpften aus so edlen Kreisen; / denn ist „das Kreuz“ auch für sich nur als kleines Ding zu schauen, / so kann man aber doch gar Großes auf dasselbe bauen. / Es war darum auf selbem auch vollbracht zu großen Teilen, / dadurch so viele Kranke könnten ihre Übel heilen! / Und so war auch darauf fürwahr die größte Tat vollzogen; / doch diese Tat wird nimmer durch das Kreuz nur aufgewogen.

[18] Denn wär die Kreuzigung die größte aller Meiner Taten, / so hätt’ Ich, um Mich so des Selbstmords schuldig zu verraten, / doch selbsten solches Schauderwerk an Mir vollziehen müssen! / O wahrlich, solches würde Meinen Ruhm nicht sehr versüßen. / So aber jemand zu dem Tode ist verdammet worden / und dann gekreuzigt von der Juden schlechter Schergen Horden – / o sage, hat denn der auch eine große Tat vollzogen, / so ihn der Freimann an den bittren Galgen hat gezogen? / O sieh, wie irr auch du von Mir die größte Tat befunden! / Doch dulde nur, du wirst das Wahre bald in dir erkunden.

[19] Und du Mein stiller Wandrer auf den Wegen Meiner Gnade, / was hältst denn du fürs Größte wohl in Meiner Taten Lade? / Dir soll’s bei deinem Gnadenlicht fürwahr so schwer nicht werden, / zu künden Meine größte Tat dem Volke auf der Erden; / denn wer wie du mit Recht in Meiner Gnade sich kann freuen, / den soll des rechten Urteils wahrlich nimmermehr gereuen. / Was zauderst denn, du gnaderfüllter Wandrer Meiner Wege, / ist’s billig nicht, wenn reine Wahrheit Ich in dir nur hege? / So gebe denn, was du auf Meinen Wegen hast gefunden – / die größte Tat, Ich sage dir, hier Mir gar hell zu Kunden!

[20] Nun sieh, Ich wusst es ja, du wirst das Ziel nicht weit verfehlen, / warum sollst du, mit Licht erfüllt, Mir denn so was verhehlen? / Gewiss und wahr, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen – / in der „Erlösung“ magst du wohl der Größen größte hoffen; / doch frage dich, was ist’s, was du Erlösung magst benennen? / Nichts andres denn die Kreuzigung, die alle Gläub’gen kennen. / So aber du, wie andre, auch darin das Größte findest / und Mir auf diese Art den größten Irrtum treu verkündest – / fürwahr, da kann auf dieser Erd’ Ich nicht gar viel mehr fragen, / will Ich für euch das schwere Kreuz nicht noch einmal ertragen!

[21] O sieh, du lichtbegabter Wandrer auf des Heiles Wegen, / wie magst du Meine größte Tat denn gar so schlecht erwägen? / Wär es also, wie du vor Mir hast fälschlich ausgesprochen, / o sieh, desgleichen haben Meine Jünger auch gerochen – / und wär da Unterschieds wohl zwischen Mir gar viel und ihnen? / Gewiss, auf diese Art würd’ Ich nicht viel des Ruhms gewinnen! / Daher Mein lichtbegabter Wandrer magst wohl Bessres raten; / denn das du sagst, gehöret wahrlich nicht zu jenen Taten, / aus denen du die größte Mir gar treu hätt’st sollen künden / und so dein Gnadenlicht lebendig dieser dann verbinden.

[22] Was meinst denn du, voll Lieb’ zu Mir in deinem treuen Herzen, / da du schon oft erprobet hast der Liebetaten Schmerzen, / was wohl das Größte ist, das Ich für dich hab treu verrichtet / und so des Todes Anker hin zum Leben hab gelichtet? / O scheu dich nicht zu sagen, was als Bestes du gefunden, / du darfst nichts fürchten; denn du bist mit Meiner Lieb’ umwunden! / Und mögst auch du das Größte wahrlich Mir nicht voll erweisen, / so wirst deshalb du doch an Meinem Kindertische speisen; / daher versuche nur getrost auch etwas kund zu geben, / denn dich werd Ich am ersten deines Irrtums überheben.

[23] Nun sieh, fürwahr aus allen hast am besten du geraten, / obschon auch du die größte Tat nicht mochtest ganz erraten: / In Meiner Liebe ist das Allergrößte wohl verborgen, / denn solches kündet dir der neu in dir erwachte Morgen, – / doch sieh in Meiner Weisheit hellsten heil’gen Lichtes Strahlen, / wie sich die Lieb’ nur pflegt als heil’ger Taten Grund zu malen – / und wahrlich, nur zu bald, zu leicht und klar wirst du’s begreifen, / wie knapp dein Urteil, Lieber, mag an reinste Wahrheit streifen! / Doch musst die Liebe selbst als eine Tat dir nicht erwählen, / wohl aber dich mit ihr als reinstem Tatengrund vermählen!

[24] Und hast du solches dann nach Meinem Rat an dir vollführet, / o sieh, du hast denn auch den wahren Grund schon voll berühret. / O säume nicht, du treue Liebe, Meinem Rat zu trauen, / denn dieses Größte wirst du bald in dir gar hehr erschauen; / und denke, bei dem Fleiße aller deiner Liebetaten / wird sich der Liebe größte Tat von selbst gar bald verraten. / Denn was den Weisen dieser Welt ist übertief verborgen, / das zeigt dem Kinde jeder heitre neu erwachte Morgen; / daher auch achte du des Morgens, der dir aufgegangen, / fürwahr, darin wird Stillung dir für jegliches Verlangen!

[25] Und du Mein kleines Volk auf dieser mag’ren finstren Erde! / Was meinst denn du in deiner Not und großer Leidbeschwerde, / was sich denn wohl als Taten-Größtes dir an Mir möcht zeigen? / Denn hör, des Volkes Wort muss göttlich sich zur Wahrheit neigen! / Und wüssten Einzelne Mir solches nicht getreu zu künden, / so müssten alle doch, fürwahr, die Wahrheit treulich finden! / Doch sieh, das Volk, es zaudert, mag nach Meiner Tat nicht raten, / wer wird’s dann raten, so die Völker stumm darob ermatten? / Der eine dies, der andre das, was sind denn das für Gaben? / Ich sehe schon, im Volke ist die Wahrheit nicht begraben!

[26] Ich sehe schon, bei all den Menschen wird sich’s wohl nicht finden, / darum will Ich die Erde nun zur Lösung denn verbinden! / So sag du düstrer Kerker, sag du Grab von all den Toten, / was sah dein weites Meeres-Aug’ und dessen feuchte Boten, / und was vernahmst wohl du in deine weit geklafften Ohren, / die da nicht selten tief und weit in deine Gräber bohren? / O donnre du aus deinen überweiten Feuerschlünden! / Ob du nicht magst der Taten größte bebend Mir ergründen? / Dass deine läst’gen Gäste darob alle zittern sollen, / da sie Mir auf die Frage keine Antwort geben wollen!

[27] Auch du in allen deinen Meeren, Feuerschlünden, Klüften / bist still wie eine Maus auf ihres Feindes wohlbekannten Triften; / du faule Trägerin von einer Unzahl höchster Gräuel, / auch du magst lösen nicht als Zeugin Meiner Liebe Knäuel?! / So fahr denn hin zufrieden über deine finstren Bahnen, / so schnell du magst, aus Meinem Aug’ und Licht von dannen! / Denn wenn dein weites Aug’ und vielfachs Ohr nichts mocht erspähen, / um was sich Meiner Taten größte allzeit pflegt zu drehen, / da bist du Erde selbst in alle Sünden übergangen / und schwer wirst sagen je: Ein Licht ist neu mir aufgegangen!

[28] Du weinest – blasse Sündenmutter – über Meinen Eifer! / O weine nur, doch werd in deiner Fassung mürb und reifer, / zu zeugen dann von Mir, wenn solches Ich von dir entbitte, / nicht starrend taub im trotz’gen Schein auf deinem Kreisgebiete! / Weißt du zu reden nicht von Meiner Tatengröß’ hienieden, / bekenn die Nacht in dir, und sieh, Ich werd damit zufrieden! / Doch stumm Mich lassen lang genug auf eine Antwort harren, / darum möcht lassen Ich sobald dein wogend Aug’ erstarren; / und wenn du fernerhin Mir keine Antwort mögst erfinden, / so magst doch deine Dummheit treu ergeben Mir entbinden!

[29] Da Mich der Staub, die Erd’ genannt, nicht recht scheints hat verstanden, / so wend Ich Mich zu dir, du Sonn’, gelöst von deinen Banden; – / du große lichtumflossne Weltenfackel magst Mir sagen, / die größte Tat von Mir vollzogen ward in welchen Tagen? / Denn du, so vieler Erden Tagesmutter in den Kreisen, / wirst leichtlich doch an dir der Tage größten Mir erweisen! / Denn als Ich wandelte dir treu zur Kunde auf der Erde / und trug als Mensch auf selber treulich jegliche Beschwerde, / da warst du Zeuge ja von allen Meinen großen Werken, / selbst Meinen Tod hast du beweint und konntst den Tag dir merken!

[30] Nun sieh, du starrer Erdenweiser, hin zu Meiner Sonne / und horch der großen lichtbegabter Erden Tages Krone, / wie sie aus allen ihren zehen Erden weiten Schlünden / ihr Licht beginnt zu treiben, um dadurch Mir zu verkünden, / wenn auch die Tatengröße nicht, doch jene Zeit der Zeiten, / in welcher – höre! – alle Toten um das Leben freiten. / Auch lerne Achtung, du bestaubtes Nichts! – aus lichten Tiefen, / mit [Mir] zu reden aus der Demut, nicht in Hochmuts-Kniffen; / denn wenn die große Mutter bessrer Kinder vor Mir bebet, / was ist es dann, das dich, du Nichts! in deinem Stolz belebet?

[31] Nun hör! Sie spricht in ehrfurchtsvoll gemessnen schönen Tönen, / die wie ein Globen-Sphärensang zu Meinem Ohr sich dehnen! / Vernimm die großen Worte, die aus fernen Tiefen hallen, / hör! wie die großen Welten gleichwie Kindlein lallen; / denn diese klein Belebten wissen, Wer da fragt nach Taten; / nur ihr, die Meine Kinder seid, konnt’t unter Mir ermatten! / Die Sonne spricht: „O großer Gott und Schöpfer überheilig! / O fordre nicht von mir die große Antwort gar zu eilig; / gewiss, o Herr, die Frag’ wird selbst die größten Engel schlagen – / gleich mir, dem Staub; sie werden über ihre Blindheit klagen!

[32] O Herr! Ich sah aus meinen weiten Flammen gleichen Augen, / ich sah Dich, meinen Schöpfer, an der Brust der Erde saugen; / mein Licht, es floh fürwahr in meinen weiten Schoß erschrocken / vor dem gewalt’gen Erdenglanz, gleich Kindlein musst ich’s locken; / ich wusste nicht, was dieses soll für hohe Deutung haben, / warum mein Licht vor Furcht anfängt in mir sich zu begraben? / O Herr, es fing gar große Angst mich da zu übermannen, / als selbst die Erden da getreten sind aus ihren Bahnen! / Es war auf meiner weiten Fläch’ damals kein Punkt ohn Beben, / ja selbst in meinen alten Kratern zuckte neues Leben!

[33] O Herr! als so ich Staub vor Dir war meiner Lösung nahe / und meinen Untergang ins Nichts vor mir gar ängstlich sahe, / da kam ein wonnemüder Engel schnell zu mir geflogen / und hat mich armes Stäubchen aus der Todesangst gezogen, / indem er sprach: ‚O fürchte nichts, du treuerfüllte Sonne! / Denn sieh, was deine alten Krater beben macht, ist Wonne, / ja übergroße Wonne! Nicht der Erd’ nur – allen Sternen / ist aufgegangen gar ein mächtig’s Licht aus heil’gen Fernen; / o sieh, der große Gott, dein Schöpfer, hat die Erd’ erkoren / und ward von einem Weib alldort als schwaches Kind geboren!‘

[34] O Herr vergib, als solche Gnad’ der Erd’ ich hab vernommen, / dass ich damals aus frommem Neid ins Zanken wär gekommen; / denn, dacht ich mir: In meinen lichterfüllten weiten Räumen / möcht würdiger doch eine solche heil’ge Frucht erkeimen! – / Doch, sprach der wonnetrunkne große Engel lieblich weiter: / ‚Fürwahr, du treue Sonne zankst, und kennest nicht die Leiter, / auf welcher unsres großen Gottes Liebe pflegt zu gehen, / gar wenig achtend, wie dabei sich solche Sonnen drehen; / denn so der Herr die größte aller Taten will vollziehen, / da braucht Er wahrlich nicht zu dir – du neid’ge Sonn’ – zu fliehen!‘

[35] Als solches aber ich vernommen hab vom Engels-Munde, / da ward ich hoch erfreut ob solcher großen heil’gen Kunde; / und all mein Licht verließ gedankenschnell die Zufluchtstellen, / ergoss sich dann nach allen Seiten erdengroß in Wellen / und glänzte dann wie neu gezeugt hinab zur kleinen Erde / und horchte auch gar furchtsam froh dem Wort, dem neuen Werde – / mit der höchstschärfsten Achtsamkeit gar tief und froh entgegen. / Doch sieh und hab Erbarmen mit mir Armen! Von dem Segen, / der damals von der Erd’ zu übergroß ist ausgegangen, / konnt ich darob des Kleinstes nur zur Schau fürs Aug’ empfangen.

[36] Daher, o großer Gott, verlange nicht von Deiner Sonne, / was Engel nicht erfassen selbst in ihrer höchsten Wonne; / wie könnt und möcht von Deiner größten Tat ich vollends künden, / da ich für Deine kleinste nimmer Lösung möchte finden?! / O sieh, obschon auf meines Glanzes weit gedehnten Triften / sich ganze Erdenheere räumlichst könnten fröhlich lüften / und wohnen oft zu Tausenden in meinen Äther-Quellen, / und ob mein Licht auch fernste Tiefen reichlich mag erhellen; / doch was so die endlosen Räum’ und Engel nicht erfassen, / o Gott, wirst gnädigst ja vom nicht’gen Staub nicht künden lassen!“

[37] O Sonne! wahrlich du bist nicht die kleinste unter Sonnen; / denn sieh, Der Brüste einstens Ich gesogen, zu bewohnen / hat Diese dich aus Trillionen freudig auserkoren, / und da im Geist zu warten die, so kaum noch sind geboren! / Denn gleichwie du als stille Hüterin die Deinen führest / und dich mit deinem Licht in ihre Gräber gar verlierest, / o sieh, desgleichen sorgt auf deinem Boden voll der Gnaden / auch eine andre Sonne noch, mit Kindlein voll beladen! / Hast du dem Erdenkindlein treu geleuchtet in den Zeiten, / wird’s Kindlein dir wohl auch dereinst ein herrlichs Los bereiten!

[38] O hört und seht, ihr groß- und allbelebten Menschenlarven, / die klein belebte Sonn’, sie preiset Mich mit Engelsharfen! / Doch ihr geweckte Kinder, stete Zeugen Meiner Liebe, / könnt’t stehlen nur im Heiligtum als lose faule Diebe! / Ihr wisst, wie gut der heil’ge Vater ist den treuen Seinen. / Ihr wisst, an Seinem Herzen hört man nie die Kinder weinen! / O ihr verstockte Satansknechte! Was treibt euch von dannen? / Warum denn wollt euch kehren nicht zu Meiner Liebe Fahnen? / O seht, wie schnell die Zeiten sich verschlingen, nicht mehr kommen! / Ihr Zeit- und Weltgesinnten, hört! – die Zeit hat euch erklommen!

[39] An wen soll nun denn Ich ob Meiner Größe fragend wenden / Mein liebend Wort, wohin den großen Preis der Lösung senden? / Wen soll die Liebe denn noch fragen und die Lösung suchen? / In jenen, euren Augen fernen Licht- und Feuerkuchen? / Fürwahr, wenn nahe Zeugen solches nicht erweisen mögen, / woher dann sollen erst die fernen treue Lösung hegen? / Doch Meiner Größe halber werd die Mittelsonn’ noch fragen, / sie wird in ihrer Größe und in ihren großen Tagen / wohl nicht zu schwer des großen Schöpfers größte Tat erzielen / und wird auf ihren weit’sten Flammentriften nichts verhüllen.

[40] So horch, du großer Feuerherd, du alte Mittelsonne, / der du im Hunde prangst als deiner Sonnen Glanzes Krone; / was hast denn du mit deinen endlos weit geworfnen Strahlen / von Mir, das allzumeist dir dünkt, erschaut in deinen Allen? / Denn sieh, zu Trillionen Sonnen, jeder Monde, Erden, / Kometen beigefügt zu Millionen, dich umfährten, / dass jede als ein All in ihrer Sphäre könnte walten, / da wohl aus jeder zahllos Werke sich gar hehr entfalten; / daher wirst du in allen diesen endlos vielen Werken / wohl auch Mein größtes unter denen irgend weilend merken!

[41] O lass dir Zeit, dein Schöpfer kennt den weitgedehnten Boden; / auf deinen Billionen Meilen weiten Feuerhoden, / auf deinen Trillionen Meilen g’raumten Flammentriften, / wie auch aus deinen tausend Sonnen weiten Ätherklüften / lässt sich so schnell die große Antwort nicht zusammen finden, / doch sollst du Mir darob dieselbe nicht zu spät verkünden! / Willst du die große Antwort auf die Frage schneller treffen, / da musst die vielen Sonnen, deine Kinder, du nicht äffen; / dafür in deinen Mittelpunkt des Feuergeistes dringen, / von da wirst du gar bald und schnell die rechte Antwort bringen.

[42] O hört, ihr starren Völker, eines tiefen Donners fernes Rollen, / da sehet hin, ein Feuermeer durch Ätherwogen grollen, / wie schnell die große Sonnen-Mutter treu sich hat gefunden; / die Trillionen Meilen Ferne bringt schon in Sekunden, / das alle Völker dieser Erd’ so lang nicht finden wollten, / doch dafür lieber faul und träge Meiner Liebe schmollten! / Doch hört die große Antwort nun zu euch herüber wehen / aus jenen fernen stillen licht- und trosterfüllten Höhen; / und wird in selber auch getreu Vollendung sich nicht künden, / doch wird sie euch den stolzen Mund gar jämmerlich verbinden!

[43] Und nun, so lass denn hören, was du Große hast gefunden, / und was du alles deinen ungemessnen Tiefen hast entbunden? / Doch merk, in allzu sanften Tönen sollst du Mir’s nicht künden, / denn sieh, auf diesem Erdenstaube gibt’s gar harte Sünden; / darum gebrauch du nur die starke Sonnenwelten-Stimme / und meld bei der Gelegenheit auch was von Meinem Grimme! / Auch Feuerbrände, groß genug die Erde zu entzünden, / magst füglich auch an deine groß und starken Worte binden; / denn Ich muß Meinen Blinden ohnehin ein Feuer bringen, / so tu im Voraus du, und gib, wonach die Toten ringen!

[44] „O großer Gott und Schöpfer, welche Gnad’ hab ich gefunden! / Du hast mein weites Flammenfeld mit Deinem Wort umwunden, / und eine Frage hast Du Heil’ger mir zur Lös’ gegeben! / Was bin ich denn vor Dir, dass Du so groß mich willst beleben? / O sieh, was soll ich winz’ger Staub vor Dir Endlosem machen / und meine Fünklein gar zum nicht’gen Wort vor Dir anfachen? / O gnädig ja, barmherzig sei mir armem Sonnenstaube / und leg mich Nichts vor Dir nicht unter Deiner Allmacht Schraube. / Fürwahr, zu klein und wertlos hab ich mich vor Dir befunden; / denn eine solche Kost, fürwahr, geziemet nicht den Hunden!“

[45] O hör, du treue alte vielerfahrne Sonnen-Mutter, / auch treuen Hunden wird gereicht gar oft ein nährend Futter; / darum, wenn dir dein Herr die große Gnade hat erwiesen / und dich zur Deutung Seiner Tatengröße auserkiesen, / sollst da ohn all’s Entschulden, wie auch ohne all Bedenken / sobald, das Ich begehrt, herab zur finstren Erde lenken! / Denn Ich, dein Herr, kenn ohnedies ja deine Feuerblößen / und hab darob die Frag’ genau nach deiner Kraft bemessen; / so tu getrost, und handle nach des Schöpfers heil’gem Willen, / und wie zu jeder Zeit auch diesmal Mein Gebot erfüllen!

[46] „Es sei, Du Mächt’ger, wer kann Deinem Worte widerstreben!? – / da schon vor Deinem leis’sten Hauche alle Engel beben. / Ich will daher getreu mich nun nach Deinem Worte richten / und was in meinen Kräften steht, der Erde Irrtum schlichten. / Doch, wenn als Mittelsonn’ ich werd der Erde Worte führen, / die nur von meiner mächt’gen angeschaffnen Größe rühren – / fürwahr, o großer Gott, nicht Eitelkeit wird’s mir entlocken, / nur weil’s Dein Wille, will vor Deiner Erde ich frohlocken, / damit so diese dann durch meinen großen Feuereifer / für Deiner großen Kinder Wohnung möchte werden reifer.

[47] Du weißt, o Herr, aus jenen überalten Zeitgebieten, / als noch die Hartgefangnen um die Lebensfreiheit stritten; / als Du aus Deiner Lieb’ Dein großes Mitleid ließest fließen, / daraus wir noch in dieser Zeit all unsre Kinder grüßen / und ihnen zu Äonen vielen noch die Nahrung geben, / die wir damals empfingen aus des Mitleids heil’gem Leben, / das Deinem Vaterherzen unbegreiflich ist entflossen! / Recht bald nach dieser Zeit ward ich von Deiner Macht gestoßen, / da zuckten zahllos Fünklein über meine Flammengauen / und sind als Kindlein noch gar lieb um mich herum zu schauen!

[48] Ich weiß gar wohl, dass ich sogar und alle meinesgleichen / noch selbsten größre Mütter haben in den tiefren Reichen; / doch hier sag ich so viel nur, was aus mir all’s ward genommen / und nur so viel davon dem Stäubchen Erde möchte frommen! / O Herr! – Du weißt und kennst den Sand an meinen Lichtgestaden, / wer möcht ihn zählen, wer summieren seine Menge zu Triaden? / Doch muss ich sorgsam hüten, dass auch eins mir nicht entfalle / und leicht dadurch zermalme eine Tochtersonn’ im Alle. / Wie groß demnach zu stehn die Erd’ auf meinem Grund möcht kommen? / Ich weiß es nicht; ich hab sie nie erschaut und wahrgenommen!

[49] O Herr! Ich möcht es wissen – dieser Deiner Erde Größe, / bevor ich noch nach Deinem Wort dieselbe gar zerstöße; / denn, wenn ein glühend Stäubchen ich zur selben möchte senden, / o sag, wird’s nicht zu schwer, zu schnell die arme Erd’ zerenden? / Doch Herr, ich seh das Nicht’ge meiner eitelvollen Fragen, / das Stäubchen, welches Deine Vaterhände schützend tragen, / es wird so klein nicht sein; daher will ich mich bald entschließen / und einen glühen Punkt von meinem Grund nach selbem schießen. / Und soll zu groß und schwer der Punkt dasselbe treffend rühren; / die Hand, die selbes trägt, wird alles schon zurechte führen.

[50] So hör denn du Atom von einer Welt, du nicht’ge Erde, / du tolles Nichts, dich weidend unter meiner Kinder Herde; / was bist du denn vor mir, du Staub des Staubes meiner Kinder, / du scheuß’ger Boden, der nichts trägt denn tiefst gefallne Sünder? / O sag, ist’s wahr, dass du den Allerhöchsten hast getragen, / du eitles Nichts, vernimm! – nicht zweimal lass dich darum fragen! / Wie ist’s denn möglich, dass der Allerhöchste, dich zu retten, / zerreißen konnte Seiner Allmacht ewig mächt’ge Ketten? / Zu sagen [suchen?] dich, die nie und nirgends etwas ist gewesen / und dich zudem noch für die größte Tat gar auszulesen! – ? –

[51] Zu was das Fragen, Wortverschwenden, Sünde-Boden rühren? / Und käm die Antwort auch, gewiss ich würd’ sie nicht verspüren; / darum will lieber ich durch alle Räume donnernd künden – / und möcht auch meine Antwort allen Weltenstaub entzünden, / es wird mich wenig stören; könnt dem Herren ich nur bringen, / das Ihm gefiele, könnt ich Seine größte Tat besingen; / gar wenig würd’ ich da nach allen Erdatomen fragen / und möchte ihre Größ’ selbst meine Punkte überragen. / Ist ohnehin ja an der Klumpen Größe nichts gelegen – / warum soll da dem Staube ich denn noch Erbarmung hegen?

[52] So sei’s denn! – Hört ihr Sonnen in den weit’sten Räumen, / ja hört ihr, meine Kinder, hört’s in eures Lichtes Keimen! / Der Allerhöchste, der Unendlichewige, der Gott! – / der heilig, heilig, heilig ist, – der mächt’ge große Gott, / vor dem die stärksten größten Engel ehrfurchtzitternd beten, / vor dessen Hauch wie Spreu zerstäuben unsre Angelketten, – / derselbe große Gott, den Ewigkeiten nicht erfassen, / hat Sich von Seinen ew’gen Höhn zum Staub hinabgelassen! / Ja Er, vor dem die ew’gen wesenvollen Räume beben, / verbarg Sich gar in eines Sünders endlos schwaches Leben!

[53] Noch mehr, wie ich’s vernommen hab von meinen Kindern allen, / ließ Sich der Allerhöchste Seiner Lieb’ zur Folg’ gefallen – / bedenket wohl ihr alle Myriaden und Äonen, / bedenkt es wohl ihr alle übergroßen Muttersonnen! / Was meint ihr wohl, woselbst der Allerhöchste so verborgen / erscheinen ließ des größten ew’gen Tages Lebensmorgen? / Fürwahr, sag ich’s euch nicht, ihr werd’t es ewig nicht ergründen; / da seht hinab, in finstrer Tiefe ist ein Punkt zu finden, / des Größ’ kaum den äonsten Teil von meiner Fläch’ möcht decken! / Dort wohnte Er – der große Gott, um Tote zu erwecken!

[54] Ein nicht’ger Staub, die Erd’ genannt, bewohnt von schmutz’gen Wesen, / ward auserwählt, um da die toten Klumpen zu erlösen / und sonach diesen finstren Wesen eine Größ’ zu geben, / vor welcher selbst die größten Engel ehrfurchtsvoll erbeben! / Und hört, ich sag es euch, so treu und wahr ich’s hab vernommen; / als dort der Allerhöchste zu den Toten ist gekommen / und hat daselbst gar deren Niedrigkeit auch angezogen – / o glaubt, was ich euch künd, denn keine Silbe ist erlogen –, / da hat die Erd’ – nicht Erd’ – denn so was hat ja keinen Namen, / des Höchsten Lieb’ zum Tod verdammt, und die zu Ihm da kamen!

[55] Was hätte ich und ihr getan, so ER zu uns wär kommen? / Fürwahr, mit Millionen Psalmen würd’ ER aufgenommen! / Ich hätt’ aus allen meinen Myriaden Flammen-Schlünden, / aus allen meinen tiefsten Feuergeistes glüh’sten Gründen / in größter Unzahl neue Sonnen weit von mir getrieben, / auf dass ein solcher Gast, wenn kurz auch, wär bei mir geblieben! / Doch da ER vor den nicht’gen, schmutz’gen bösen Scheusalshorden / noch bis zu dieser Stund trotz aller Tat verkennet worden / in aller Seiner Liebe ist! – da wohnt ER noch bei ihnen!! / Und will sogar ihr Vater – Bruder – sein nach allen Sinnen!!

[56] O hört ihr alle meinesgleichen, hört ihr alten Sonnen, / o hört selbst ihr, die ihr im ew’gen Zentrum pflegt zu wohnen; / es mag der Herr noch neue endlos große Räum’ erschaffen, / ja Ewigkeiten selbst auf einen Punkt zusammenraffen, / auch unermesslich große Engel aus dem Nichts gestalten, / ja selbst in Milliarden machen Seine Stärke walten! / Fürwahr, in jeder Tat wird ER Sich immer überbieten, – / jedoch, als Gott zu werden – Vater, Bruder, – Liebe bieten / dem Staub, dem Nichts, den Tod in aller Sanftmut dulden, leiden! / Ich sag’s: Das Größte ist’s! – O Sonnen, glaubt es mir in Freuden!

[57] Und Du, mein großer Gott und Schöpfer, gnädig sei mir Armen / und hab mit meinem kleinen Dienst, ohn allen Wert, Erbarmen; / ich weiß, wie unerforschlich Du in Deinem Rat und Wegen / und unergründlich bist in Deinen Tiefen – voll von Segen! / Daher nimm gnädigst auf, das ich Dir treulich hab besungen / und so auf Deiner Erde auch ins neue Leben bin gedrungen; / denn Größres könnt ich kleine Sonne nimmermehr ermessen, / auch allen meinen Tiefen nicht ein größres Wort erpressen. / Denn wahrlich, was als Größtes ich da treulich mocht benennen, / will ich in meiner tiefsten Tief’ als ewig wahr bekennen!“

[58] Gewiss und wahr, du treue Sonne, du hast wohl gesprochen / und hast dabei der Erde Völker Übel hart gerochen; / Ich sag, wie niemand bist der Wahrheit du zur Spur gekommen, / und wie du sagtest, ist getreu und wahr aus Mir entnommen. / Doch was da Meine größte Tat im Geist’ möcht anbelangen, / das hast auch du mit keiner Silbe treffend angefangen; / denn was du sagtest, ist die Folge nur von solchen Taten. / Doch dass du nimmer möchtest fälschlich dich von Mir beraten, / so will Ich sagen dir ein sinnvoll Wörtlein im Vertrauen: / Der Große wird in sich das Größte wahrlich nimmer schauen!

[59] Ihr habt vernommen, was die euch am nächsten stehnde Sonne / für eine treue Rede hat geführt in hoher Wonne; / ihr habt das große Wort der großen Mittelsonn’ vernommen, – / seid ihr dadurch zur Lösung Meiner Frage wohl gekommen? / Müsst ihr nicht selbsten sagen doch bei euch: Fürwahr mitnichten, / denn selbst die große Mittelsonne wusste nicht zu schlichten / die Zweifel alle, die an euer Herz gelegt sich haben. / O welche Torheit ist’s, zu suchen Meine großen Gaben, / da Ich sie nicht verwahret habe, in den weit’sten Räumen! – / statt treu zu suchen, forschen, wo Ich liebend pfleg zu säumen.

[60] Um euch so recht zu zeigen doch, wie Großes sich nicht eignet, / zu fassen Meine größte Tat, so es sich auch verleugnet, / will Ich euch zeigen noch die größte Sonne in der Globe; / auch dieser große Kern soll euch verkünden was zur Probe. / Bevor Ich ihn doch werd mit Meiner großen Frag’ belegen, / will Ich vor euren Blicken leis nur seine Größ’ zerlegen. / Doch nicht darum, als sollte sie von Meiner Größe zeugen, / denn wahrlich, Milliarden müssten darob furchtsam schweigen; / wohl aber, dass ihr so recht hell möcht’t treu in euch erschauen, / wie wenig da auf alle toten Klumpen ist zu bauen.

[61] Nun seht, wollt euch von solcher Sonnengröße Wahres denken, / müsst ihr zu einer übergroßen Feuerkugel lenken / all eure Blicke, Sinne und Gedanken und bemessen / mit des Gefühles tiefsten Gründen, und ja nicht vergessen, / die Klumpengröße solcher Körper, die im Zentrum stehen, / nach Meilen nicht bemessen; nie ein End’ würd’t ihr ersehen! / Wohl aber mit des Lichtes Schnelligkeit könnt ihr’s probieren, / da zählt auf die Sekunde achtsam, ohne sich zu irren, / gerade fünfundvierzig Erdenweiten für die Einheit, / so werd’t gelangen ihr gar bald und treu zur reinen Wahrheit.

[62] Da wär der größte Feuerball ganz nah vor euren Blicken / gestellt zu überschauen; doch um euch nicht zu erdrücken, / noch fern genug, o glaubt’s, es sind Äonen Sonnenweiten! / Von seinem Süd- und Nordpol hin den Lichtstrahl zu verbreiten, / möcht eure Zeit zu Trillionen Jahren kaum ausreichen. / Nun könnt ihr mit der Einheit dieser Sonne Größ’ vergleichen, / es wird nicht fehlen, euch wird’s schauderhaft zumute werden, / ihr werd’t verschwinden ganz samt eurer Sonn’ und allen Erden; / und möcht die ganze Glob’ voll Sonnen auf den Koloss fallen, / wie schütt’re Flocken nur möcht das des Fläch’ bemalen!

[63] Es ist genug, nehmt zehen Trillionen, zu bestimmen, / wie lang von Pol zu Pol der schnelle Strahl da hätt’ zu klimmen; / doch wär noch größer eine Sonne wo als eine Globe, / könnt mehr sie tun zu Meinem allgerechten größten Lobe? / Gewiss und wahr in Ewigkeiten, all die Weltenmassen, / sie sind zum eignen Nutz der Körperwelt so groß gelassen; / doch dass sie darum, weil Ich sie so groß da hab geschaffen, / ein größres Zeugnis Meiner Macht und Größe möchten schaffen / denn eine Milbe – hört, um Meine Herrlichkeit zu heben, / müsst klein Ich werden, und noch vielmal kleiner euer Leben!

[64] So ihr doch aber fragen möchtet, wie die Ding’ erhalten, / geordnet werden von dem endlos mächt’gen Liebeswalten? / Und das von dem Atome an bis zu den Weltenheeren? / Und wie das Licht der ältern Sonnen stets sich pflegt zu mehren, / so zwar, dass alles Licht von Nebensonnen in der Globe / zu Milliarden so auf einen Punkt gedrängt zur Probe, / nicht einmal einem Fünkchen nahe käme jener Sonne, / von der Ich eben spreche? – Hört, das sag Ich euch zur Wonne; / urteilt, was leichter ist, entweder Sonnen ordnend schaffen, / denkt, – oder eine Mücke zu beleben und zu strafen?

[65] Ist denn für Den, der’s hat, eins schwerer denn das andre? / Was ist der Aar, ob über nahe oder weit er wandre? / Er hat das Flügelpaar nicht über Kiesel nur zu fliegen, / auch über Meere, Alpen, Berge kann er damit siegen! / So aber Ich, der Herr und Schöpfer aller dieser Dinge, / unendlich bin und all’s mit Meiner Gegenwart durchdringe, / was soll für Unterschied wohl sein, ob Sonnen oder Milben / hervor Ich ruf mit einem Worte oder mit drei Silben? / Darum zeig Ich die Größen nur, um euch recht klein zu machen / und euer Aug’ zu lenken dann auf größre heil’ge Sachen.

[66] Ich will euch nicht mehr zeigen, ob bewohnt sind solche Sonnen, / denn solches könnt ihr denken wohl, umsonst sind nicht Äonen / von solchen Klumpen – oder nur fürs Licht erschaffen worden; / doch Näh’res euch zu künden von den dort’gen Wesenhorden, / ist hier der Ort nicht und die rechte Zeit dafür beschieden. / Auch nichts von großen Ländern, Stürmen, Meeren, Wesenfrieden, / denn das gehöret alles nicht zur Sache, nicht zum Zwecke, / des Übergröß’ Ich euch allhier vor eure Augen stecke, / wohl aber, euch zu zeigen nun die große Zeit der Zeiten, / muss Ich durch Meiner Schöpfung Weiten so euch vorbereiten.

[67] Nach all dem Vorgegangnen will zur Probefrag’ Ich schreiten, / doch müsst ihr euch auf eine große Antwort nicht bereiten. / Wird auch der große Sphärendonner euch das Mark erdrücken, / so wird des Schwere doch in euch anfüllen nicht die Lücken, / die noch in eurem Herzen nach des Geistes Leben trachten / und sehnsuchtsvoll – o hört! – nach der Erlösung schmachten. / Doch haltet auch nicht für gar zu gering der Sonne Sprache – / fürwahr, Geringes wird genommen nicht zur großen Sache; / gewiss, wenn Sonne, Mond das Licht verlieren, Sterne fallen / herab zur Erde! – kann ein solches Bild Geringes malen?!

[68] Und nun, du einsam’s Wesen, flammend in der Welten Mitte, / du sahst den Schöpfer doch – und bebtest unter Seinem Tritte, / als Er herab zur tiefst gesunknen Erd’ Sich hat begeben, / um da den Toten zu bereiten hehr ein neues Leben? / So hör, dein großer Gott und Herr gibt dir die große Frage, / woraus Des größter Taten Ruhm, das Größte glänzendst rage? / Was ist’s, das dir am meisten dünkt, du wirst es Mir wohl sagen, / da du aus deiner Mitte leuchtend alles kannst erjagen; / denn bist auch weit von allen deinesgleichen du gehalten, / so musst zuerst aus dir sich doch der Weltenstaub gestalten!

[69] Nun horcht, schon rollen ferne Donner bebend durch die Welten, / die große Antwort tragend zu des Staubes Neubeseelten; / wie beben sie von tiefster Ehrfurcht durch und durch ergriffen, / dass sie sich kaum getraun herabzusenken in die Tiefen, / in denen Ich mit Fleischesaugen Meine Werk’ geschauet / und eine neue Wohnung Mir da leidend hab erbauet, / ja gar ein bleibend Haus erbaut aus Lieb’ und treuem Glauben / und ward zum Weinstock gar mit vielen Reb’n und reifen Trauben! / Doch horcht, der Donner naht der kleinen Erde sich bescheiden! / Vernehmt die Antwort, nehmt die fromme Botschaft auf mit Freuden!

[70] „O großer, überheil’ger Gott und Schöpfer aller Dinge! / Wie soll ich Nichts vor Dir! – Ich bin zu klein und zu geringe! / Ich kann’s nicht wagen, nur ein einzigs Wort von Dir zu sagen, / Dir eine Frag’ zu lösen, zeigen Dir aus allen Tagen / den größten Tag, die große Zeit aus allen ew’gen Zeiten! / O großer Gott, – wie könnt ich das aus meinem Staub erbeuten, / was alle Ewigkeiten nimmer mögen je erfassen?! / Daher möchtst gnädigst Du die große Antwort mir erlassen / und nicht verlangen, dass ich Deine Kinder solle lehren, / von denen eins mit einem Blick mich gänzlich könnt zerstören!

[71] Erhöre Heil’ger Du, erhöre Deiner Urka Flehen, / o lasse Gnade mir von Deiner heil’gen Erde wehen! / Bin ich auch klein und nichtig unter Deinen zahllos vielen Wesen, / kann auch mit Deinen Lebenskleinsten ewig mich nicht messen; / doch als die Großen Du gesetzet hast auf ihre Thronen, / bin arme Urka ich aus Deiner Hand ja auch geronnen! / Darum vernicht mich Schwache nicht vor Deiner großen Erde, / erlös auch mich von meiner Not und großen Angstbeschwerde; / Du weißt ja ohnehin, wie viel des Lebens mir zuteile / geworden ist, – o halt nicht ferne mich der Erde Heile!

[72] Doch dass Du Heil’ger Deine Urka nicht also möchtest finden, / als wär sie ungehorsam, lass sie etwas Dir verkünden, / wodurch sie ihretwegen Dir möcht ihre Ehrfurcht zeigen, / die sie vor Deiner Erde hegt und nimmer mag verschweigen. / Es war zur Zeit, als Du vollendet hast Dein Haus auf Erden / und Deine großen Kinder lehrtest Dir ganz gleich zu werden, / da zuckten Deine großen Engel oft an mir vorüber, – / noch schauderts mich, noch bebt mein Ganzes durch ein heilig’s Fieber, / wenn ich gedenk, wie ein Atom der Erd’ auf mich gefallen, / gebracht von einem Engel, mich beinahe hätt’ zermahlen!

[73] Am Fuße eines solchen Boten musst das Heil’ge kleben, / ohn dass er’s merkte so in seines Amtes eil’gem Streben. / Im Anfang merkt ich’s nicht, es war zu klein und nicht zu sehen; / in kurzer Frist doch fing es an aus sich da zu erstehen / und anzuwachsen so zu einer unerhörten Größe, / dass es gar bald anfing zu überdecken meine Blöße, / mit seinem Licht zu unterjochen all mein matt Geflimmer / und mich zu brechen allenthalben in bestaubte Trümmer. / Mit aller meiner Kraft, die alle Sonnen überbietet, / wär ich erlegen, hätt’ ein großer Geist mich nicht behütet!

[74] Ein Engel war der große Geist, zur Rettung mir beschieden, / er kam zur Hilfe mir und brachte mir den heil’gen Frieden. / Ich weiß, er ward von Dir gesandt, die Urka zu beschützen / und solche heil’ge Last zu etwas Bessrem zu benützen. / Als ich nun frei geworden bin von dieser mächt’gen Klammer, / beendet war auf meinen Triften der Vernichtungsjammer, / da zeigte mir ein Engel dann nicht ferne von mir stehend, / sich eine mächt’ge Sonne neu im freien Wirbel drehend. / O Herr, wenn Erd-Atome schon die arme Urka drücken, / wie sehr müsst dann sie erst sich vor der ganzen Erde bücken!

[75] Darum, weil solches ich, o Herr! von Deiner Erd’ erfahren, / bewahr Du guter Schöpfer mich vor ferneren Gefahren! / Und lass nicht zu, dass tiefe Blicke Deiner Erd’ mich treffen, / noch weniger, dass ich die Weisheit derer sollte äffen, / die Deine Kinder sind in Deiner ew’gen Kraft der Liebe – / und eines stärker schon denn alle meine Sonnentriebe. / O Herr, Du großer Gott und Schöpfer heilig überheilig, / erlass zu reden mir von dem, was Engeln ist zu heilig, / und lass mich Arme friedlich ruhn in meiner fernen Tiefe, / da ich im Stillen stets von Deiner großen Gnade triefe.“

[76] Habt ihr vernommen, wie die großen Werke mit Mir reden? / Und auch vernommen, welche Demut in dem All, ihr Spröden? / O glaubt’s, die großen Sonnen allesamt in ew’gen Räumen, / auch sie nicht minder auch für Meine große Liebe keimen. / Es wird noch kommen, ihr werd’t euch gar treulich überzeugen, / dass diese großen Lämmer aus den Triften werden säugen / die Lebensmilch, auf welchen viele sind zugrund gegangen, / die da berufen waren, hatten aber kein Verlangen, / das Leben zu erlangen, da sie sich lebendig dachten / und sagten: Sieh, das Leben braucht des Lebens nicht zu achten!

[77] Du aber, Meine große Urka, brachtest rechte Gaben, / du sagtest mehr denn alle Räume fassen, – und erhaben / war jede Silbe, würdig Deinen Schöpfer zu besingen. / Es wird so tief in Mich zu dringen wenigen gelingen, / denn bist du größer auch denn jede Sonne deinesgleichen / und muss dir jede Weltengröße tief erschauert weichen; / doch weil du deiner Übergröße nicht gedenkst, dich prahlend, / wohl aber in der tiefsten Demut, gleich dem Kindlein lallend, / Mir zeigst, wie wenig alle eitle Größ’ vor Mir mag gelten, / so bist die Größte du aus allen endlos vielen Welten!

[78] Auf deinen Quintäonen Sonnen weiten Flammengründen, / die da noch alle frei sind von der Erde frechen Sünden, / will Ich dereinst uns wohl auch eine große Stadt errichten / und dann in selber all’s nach Meiner Liebe weise schlichten. / Und Meine weisen Kinder werden diese dann bewohnen / und werden sitzen da auf deiner Demut goldnen Thronen, / damit sie nebst der Weisheit auch die Demut sollen schmecken / und fliehn vor deiner Größ’ – in sich gleich mühevollen Schnecken. / Und so werd Ich auf deinem Boden eine Schul’ errichten, / da all die Weisheitstoren werden ihren Irrtum lichten.

[79] Doch denen Deinen, die da leben auf den Freigebieten, / auf denen nicht, wie auf den andren Stellen, Flammen wüten, / o siehe, diesen körpergroßen, geisteskleinen Wesen / werd Ich auch Meine Liebe bieten und sie dann erlösen, / und das auf eine Art, von der das Kleinste keine Großen, / ja nicht einmal die Engel ahnen! – Werd setzen neue Sprossen / aus Meiner Liebe Ich, die werden deine großen Weisen / gar sanft in aller Liebe ganz lebendig unterweisen, / und selbe führen dann in Meiner Liebe freie Kreise / und ihnen zeigen Meine Werke auf der Lebensreise.

[80] Nun seht, Ich habe angefangen alles neu zu machen; / Ich will umstalten geistig alle alten Ding’ und Sachen! / Muss Ich denn nicht alljährig alles Gras und Bäum’ erneuen? / Fürwahr, was Ich da tu, wird ewig niemals Mich gereuen. / Würd’ aber Ich die Bäume nicht erneu’n, woher dann Früchte? / Daher muss all’s umstaltet werden neu in Meinem Lichte, / damit es einst nicht fruchtlos solle vor den Kindern stehen. / O hört, wie schon von allen Seiten andre Winde wehen, / wie sie die Wetterfahne nach dem ew’gen Morgen drehen; / o merkt, ihr werdet bald die neue große Zeit erspähen!

[81] Nun habt ihr auch vernommen, was die allergrößte Sonne / von Mir geredet hat in ihrer Demut Glanzes Krone; / auch diese konnte nicht erraten Meine größte Tat der Taten. / Was meint ihr wohl, wer ist’s, den Meine Frag’ nicht wird ermatten, / an wen soll Ich mit Meiner Frage Mich noch ferner wenden, / wer wird in seiner Antwort Meine Frage treu vollenden? / Ihr meint, die sel’gen Engel werden sich hierin nicht irren, / sie werden sicherst Meines Kleides Saum zuerst berühren. / Nun wohl, es sei! – Auch diese sollen ihre größte Probe / bestehn und raten durch die größte aller Globen Globe!

[82] Doch wenn auch diese es nicht treffen sollten in der Tiefe / und lösen nicht der großen Frage heil’ge Liebeskniffe – / o sagt, was wird da uns noch übrig bleiben? Wen dann fragen? / Wer wird uns dann aus der Unendlichkeit das Rechte sagen? / O ja, wenn Ich euch sage, werd’t das Rechte wohl erfahren; / denn Ich der große Meister möcht es wohl in Mir verwahren! / Allein – zu wissen nur, was Ich als Größtes hab verrichtet, / wie Ich durch Meinen Tod den Tod der Hölle hab zernichtet – / o hört, das würd’ euch wenig heil’ge Lebensfrüchte tragen, / und wär dann sicher besser, ewig nie darnach zu fragen!

[83] Es sollte aber solches sich in Meinen Kindern zeigen / und ihren Herzen solches übergroße Heil entsteigen; / dann würde es des höchsten Segens Lebensfrüchte bringen / für jene, welche wahrhaft nach der Lebenspalme ringen! / So aber solches ihr nur möcht’t zur Wissenschaft erkunden, / dann könnt ihr noch nicht sagen: Sieh, das Leben ist gefunden! / Daher, Ich sag es euch, ist besser solches nicht zu wissen, / als nur zu wissen und dadurch das Leben einzubüßen! / Es sei denn, dass durch Meine Fragen jemand möcht erwachen, / o ja, der wird bald finden in der Tat die größten Sachen!

[84] Dem wird’s nicht schaden dann, wenn Ich das Größte möcht verkünden, / dem wird’s fürwahr das Leben nur aus seinem Schlaf entbinden. / Allein zu tauchen nur mit Mir, dem Judas gleich, die Hände / in Meine Lebensschüssel, wahrlich, dem wird jenes Ende / zuteile werden, welches Mein Verräter hat erfahren / zur Zeit, als Satan ist in seinen Leib und Seel’ gefahren! / Doch da Ich solches zu euch Kindern treu und traulich sage, / mit denen Ich das größte Mitleid habe, Liebe trage; / ihr sollet darum euch nicht allzu sehr und groß erschrecken, / denn euch will Ich dadurch zum ew’gen Leben nur erwecken.

[85] Und nun, es sei die Frage denen Engeln noch gegeben, / auch sie soll neue Frucht und Liebe neu und groß beleben; / wir wollen sehen noch, was diese alles von Mir wissen, / in ihren Händen wird sich solche Kunde doch nicht missen! / Sie werden sicher Meine größte Tat getreu besingen / und leicht mit ihrem schärfsten Blick in Meine Tiefe dringen! / Doch eins muss Ich vorerst vor euch gar treulich noch enthüllen, / und dieses ist: Den freien Engeln bleibt ihr freier Willen, / um das nur, was sie wollen und auch können, zu verkünden / und so nicht Fremdes, sondern Eigenes nur zu entbinden.

[86] So sagt ihr übertreuen Boten Meines Willens all zusammen / des Vaters größte Tat im Sohne, nennt Mir ihren Namen! / Ihr wart doch Zeugen, habt durch der Propheten Mund gesprochen, / ihr halft in Liebe Meinem David seine Psalmen kochen. / Selbst zu der Jungfrau musstet ihr die mächt’gen Grüße bringen / und dann sie zu Äonen treu geleitend stets umringen; – / und als sie vollends erst geboren hat das Licht der Erde / in einem Stalle unter Schmerz und großer Angstbeschwerde, / da waret ihr, nicht einer ausgenommen, all zugegen, / lobsingend solche Tat auf all den lichterfüllten Wegen!

[87] Daher, o säumet nicht, sollt’s nun den Menschen auch verkünden, / was sie nicht können, und die ganze Schöpfung nicht, ergründen! / Doch merkt: In eurer hohen Weise müsst ihr nicht beginnen, / auch nicht zu lange gar nach einer niedren wirre sinnen. / Ihr wisst die Art der Menschen ja, und alle ihre Weisen, / ihr kennet wohl und wisset auch, wie Mich die Kindlein preisen; / auf solche Art, Ich sag es euch, werd’t leicht verstanden werden / von allen frommen Menschen, euren Brüdern auf der Erden. / Und nun beginnet eure Stimmen auf die Erd’ zu streuen, / und macht, dass eure Brüder sich der Liebe möchten freuen.

[88] „O heil’ger Vater! So Du uns zur Hölle möchtst bescheiden, / Du weißt es, heil’ger Vater, solches tun wir ja mit Freuden. / Ja, wenn wir alle Menschen müssten stets auf Händen tragen, / in aller Liebe täten wir’s! – nie nach Erholung fragen, / obschon Du sie zu unsrer größten Wonne hast bestimmet, / in welcher nichts als nur Dein heil’ger Name wird gerühmet! / O heil’ger Vater! sieh, kein Opfer soll zu schwer uns fallen / im Himmel, wie in allen Deinen großen Schöpfungs-Allen! / Denn Deine Vaterliebe ist zu voll von Süßigkeiten, / wer könnt derselben widerstehen je in Ewigkeiten!?

[89] O heil’ger Vater! Lass uns alle die Atome zählen, / die Fünklein alle in der größten Sonnen Flammen-Wellen; / o lass uns Lieberfüllten alle Deine Globen schütteln / und zu Atomen sie in einem Nu zusammenrütteln; / lass Welten uns gleich Erbsen scherzend durcheinander schmeißen, / ja selbst die ganze Höll’ mit ihrer Brut in Stück’ zerreißen – / und noch dazu den Fürsten selbst so ganz zunichte machen, / dass Ewigkeiten nichts mehr finden sollen von dem Drachen! / Denn Deine Macht, in der wir alle leben, wollen, fühlen, / muss alles ja im Augenblick auf einen Punkt erfüllen!

[90] Doch Deiner größten Frage durch die Antwort Lösung finden, / Dir sagen etwas, das die Ewigkeiten nicht ergründen, / die größte Deiner größten Taten treulich zu besingen, / dieselbe wohlverständlich unsern Brüdern zu verdingen – / o heil’ger Vater, Dir ist’s ja bekannt, was wir vermögen, / denn was wir haben, haben wir ja nur von Deinem Segen! / O sicher hast Du nur, um Deine Lieb’ in uns zu mehren, / uns gnädigst wollen eine solche große Frag’ bescheren! / O nehme gnädigst diese große Last von unsren Lenden, / denn ewig nimmer würden wir vor Dir sie je vollenden!

[91] Wer möchte Deine Taten mustern, eine größer finden / denn eine andre, wer die Tiefen Deines Rats ergründen? / O heil’ger Vater, da wir sehn vom Kleinsten bis zum Größten, / wie all’s unendlich ist, womit dann sollen wir uns trösten? / Womit die ew’gen Kreise Deiner Taten-Größe messen? / Mit welcher Zahl bestimmen solche Fülle und vergessen – / dass man ja selbst zur großen Zahl gehört! – O Worte, Worte! / Ihr kleinen Worte, leicht zu hören hier am heil’gen Orte, / doch wer wird je in euch die Tiefe, Fülle, Größ’ ergründen! / O Vater! Du allein nur kannst in uns das Licht entzünden!

[92] Dass Du Dich Selbst zu einem Erdenmenschen hast umstaltet / und da mit aller Deiner Macht und Heiligkeit gewaltet; / und hast als Mensch die allergrößte Niedrigkeit erwählet, / wie gänzlich auch aus größter Lieb’ die Herrlichkeit verhehlet; / auch hast nicht zugelassen, dass Dir jemand solle dienen, / wohl aber dientest Du den Armen treu, sie zu gewinnen / für Deine heil’ge Liebe; – wolltest sterben gar für Sünden, / um so für die Verlornen ein ganz neues Reich zu gründen! / O heil’ger Vater! Das ist alles, was wir sagen können, / doch, was das Meiste ist darunter, können wir nicht nennen!“

[93] O Meine lieben treuen Diener, ihr habt es genennet, / ihr habt ganz unbewusst der größten Tat getreu erwähnet. / Doch wenn ihr’s nicht bestimmt und klar in euch wohl mögt erschauen, / worin das Größte ist verborgen, harret im Vertrauen; / Ich werd euch allesamt hinab zur kleinen Erd’ bescheiden, / dort werd’t zu eurer größten Wonne ihr gewahr in Freuden, / fürwahr, dergleichen ihr bis jetzt noch niemals habt empfunden; / von euch gewählt ein Kindlein wird das Größte euch bekunden! / Und hört, was allen Ewigkeiten blieb bis jetzt verborgen, / o kleinste Welt! für dich ward aufgespart der große Morgen!

[94] Denn was den Weisen aller Sphären Ich voll Recht verborgen / und sie ergründen nimmer mögen trotz der Weisheit Sorgen, / das hab den Schwachen und den Kindlein treu Ich vorbehalten, / und legte selbst in ihre ersten Tränen schon ein Walten, / das größer ist und mächtiger denn aller Weisen Zungen; / denn sie sind nicht wie diese Dünste – mühsam nur erzwungen, / wohl aber wahr, so rein sie da schuldlosem Aug’ enttriefen, / allwo sie ihrer Alten Lieb’ und Sorgfalt perlend prüfen. / In solche kleine Zartgefäße hab Ich es verscharret, – / wohl dem, der diese Schätze nirgends denn nur da gewahret!

[95] Nun eilt herbei, ihr treuen wonnerfüllten Liebediener, / kommt alle, die ihr seid aus Meiner Liebe weis’ und kühner / in euren Haaren schon, denn alle Weltenmacht der Weisen, / die nur zum eignen Frommen möchten alle Welt bereisen, / um aus der Schöpfung Wunderfülle dann nach Licht zu haschen / und statt der Lebenskost nur Weisheitsleckereien naschen. / Daher, da weiser, kühner ihr, denn alles Licht der Welten / und wart vor aller Welt der Lieb’ und Weisheit treue Helden, / so kommt herbei ihr alle, euch ein zartes Kindlein wählend; / o kommt und seht, wie ohne Mich und euch die Welt ist elend!

[96] Doch wenn sie erst von Mir und euch wird bald und kurz erfahren, / woran es liegt, dass sie sich nicht aus allen den Gefahren / entwinden mag und statt des Lebens nur den Tod verlanget, / nicht ahnend, dass das wahre Leben nicht in Weisheit pranget, / wohl aber in der Liebe samt der Weisheit ist verborgen, / und dass in Liebe nur verborgen ist der Weisheit Morgen, / wie alle Lebenswonne und des Gnadenlichtes Wunder – / darum will Ich nun geben allen einen Lebens-Zunder; / wer sich vom selben in dem Herzen wird entzünden lassen, / fürwahr, der wird dann nimmer vor dem ew’gen Tod erblassen!

[97] Und wenn sie solchen wird in aller Wahrheit Geist empfangen / und auch dadurch nach Liebe, nicht nach Weisheit ein Verlangen, / so wird der Elenden gegeben, was sie nicht mocht ahnen – / Ich sage: mehr, denn aller weiten Schöpfung Reich’ umspannen! / Doch vorderhand sei’s wenigen nur treulich anvertrauet, / und das zwar jenen, die schon früh auf Meine Lieb’ gebauet; / doch wenn die Zeit der Weltenreife wird vor euch erscheinen, / die ihr erkennen werd’t an aller Erdenvölker Weinen, / da nehmt den jetzt gereichten Zunder, zündet alle Erden, / und lasst so lang sie brennen, bis die Frevler Asche werden!

[98] Und nun, da ihr zugegen seid auf dieser kleinen Erde / und sehet auch die große Not auf diesem Sündenherde, / auf welchem schon so mancher Gräuel ist gekochet worden / von Mein und eures Feindes bösen fluchbeladnen Horden, / so bringet schnell ein Kind hierher von etwa sieben Jahren, / doch muss es sein voll Armut, ja sogar nicht reich an Haaren! / Ich sage euch – mit großer Lieb’ und Achtung müsst ihr’s führen / hierher zu Mir; denn bald werd’t alle ihr gar stark verspüren, / welch einen großen Lehrer ihr mit Händen habt umfangen – / fürwahr, aus seinem Mund werd’t ihr die größte Lehr’ empfangen!

[99] Und ihr auch, Meine lieben Kinder, eilt, ihr dürft nicht fehlen / dahier; denn wahrlich, dieser Lehrer wird euch nichts verhehlen! / Wie alle Engel, so auch ihr, mit offnen Ohren, Augen / müsst sorgsam nun die größte Wahrheit in das Herz einsaugen, / so werd’t auf einen Wunderschlag die größte Tat ihr schauen, / so wunderschnell und hell, dass ihr den Sinnen kaum werd’t trauen! / Fürwahr, Ich werd euch ferner nicht zu zeigen nötig haben, / dass nur darin die größte Tat, Gelingen, Zweck und Gaben / verborgen sind, als reinste größte Folge Meiner Liebe – / der Mittagssonne gleich werd’t ihr in euch erschaun die Triebe!

[100] Ich sage euch: Die Triebe, solche ihr noch nie empfunden, / auch Engel nicht, denn solches gab Ich keinem Geist zu Kunden / auf diese Zeit – ihr könnt es glauben, wie’s geschrieben stehet: / Wann aber kommen wird die Lösezeit, dies wohl verstehet! / Die große Stunde, weiß wohl niemand weder auf der Erde / noch in den Himmeln, denn nur DER da trägt das große Werde – / und der auch, dem’s der Vater offenbaren wird im Geiste; / doch keinem, der zuvor nicht an dem Kindertische speiste! / Und nun, der großen Kunde Zeit ist nah zu euch gekommen, / erwachet nun ihr Toten, lasst euch Meine Liebe frommen!

[101] Nun seht, da ist das Kindlein schon in Meiner Engel Mitte, / wie furchtsam fromm es tut, noch ungewohnt der Himmel Sitte; / da sehet hin, wie sorgsam es die Engel mustert, prüfet / und horcht, ob nicht ein Wort vom Vater durch die Scharen triefet! / O seht, in keinem Engel will den Vater es erkennen, / es weint, es schreit, es mag der Engel sich nicht angewöhnen! / Es sucht den wahren Vater, ja den Liebsten sucht das Kleine, – / o seht, wie emsig es die Augen drehet, dieses reine, / unschuld’ge Kindlein! – Hört, o hört es weinend „Vater“ rufen! / O Engel, führt es her zu Meines Thrones Liebestufen!

[102] O seht, wie kaum es sich von einem Engel lässet lenken! / Es trägt zu folgen ihm im Herzen ein gar groß Bedenken; / nur da er sagt: „O komm! Ich will dich ja zum Vater führen“, / lässt sich das Kleine von der öden harten Stelle rühren! / O hört, wie es den Engel fragt: „Bist du ein gutes Wesen? / Bist wohl, um mich zu führen, nur vom Vater auserlesen? / Und bist du das, so zeig mir, wo der gute Vater weilet! / Ich hör Des Stimme schon! Wo kommt sie her? O eilet, eilet! / O zeigt mir schnell! – wo weilet Er? Ich muss zu Ihm ja kommen, / o führt mich hin, o führt mich schnell, ja schnell, ihr lieben Frommen!“

[103] Nun gebet Acht, Ich werd’s beim rechten Liebenamen rufen, / wie schnell wird’s Meine Stimm’ erkennen, laufen zu den Stufen / des wahren Vaters ew’ger Liebe unter lautem Jubel, / denn selbst die Engel scheinen ihm behaft’t zu sein vom Übel, / darum misstraut es ihnen; nur den Vater will es haben / und sich an Seiner angewohnten ew’gen Liebe laben! / Und nun: So komme, komme lieber Pathiel geschwinde, / lass wehen dich zu Mir von Meiner Stimme Liebewinde; / o sieh, schon lange harr Ich deiner mit gestreckten Händen! / So komm, und helfe Mir all deine Brüder nun vollenden!

[104] „O Vater, Vater, Vater, lieber Vater! – O mein Vater! / Wo bist Du denn gewesen, lieber Vater?! – Bester Vater! / Ich hab so lange weinend Dich schon überall gesuchet / und konnte Dich nicht finden, – hab die Fremden auch ersuchet, / dass sie zu Dir mich armen Pathiel schnell möchten bringen, / doch keiner wollte alsobald mir dieses Opfer bringen. / Nur einer schien mich Schwachen in der Liebe zu verstehen, / und als ich einmal suchend fiel, macht dieser mich erstehen; / o lieber Vater, musst mich nimmer, nimmer von Dir lassen! / Behalte mich bei Dir – musst nimmer, nimmer mich verlassen!“

[105] O schauet her, ihr großen Scharen, höret all ihr Frommen! / Vernehmt ihr Menschen alle, dieses Kind, von euch genommen, / von eurer Erde! – wie gar schnell hat es ohn alles Fragen / vor euch und Mir ohn alle Scheu, ihr werd’t es kaum ertragen, / o höret, staunt und weint! – die allergrößte Tat gefunden! / Was Ewigkeiten, Menschen, Sonnen, Engel nicht empfunden, / das hat der kleine Pathiel im ersten Wort bekennet, / als er vor Überfreude Mich als „Vater“ hat benennet! / O wahrlich, wahrlich, wahrlich! – Keiner kann Mich größer preisen, / im Vater nur lässt Tat, Gelingen, Zweck sich größt erweisen!

[106] Doch, dass ihr klarer möchtet schauen und getreu begreifen / und nicht wie sonst gewöhnlich an der Wahrheit nur zu streifen, / so will zum Überfluss den Kleinen Ich vor euch noch fragen, / auf dass er möchte, was zumeist an Mir ihn dünkt, da sagen. / Und so denn merket! – Pathiel! Ich werd dir etwas geben / in einer Frage; sagst du Mir’s, wirst alle Brüder heben! / Was hältst du denn an Mir fürs Größte, sag, was dich erfreuet / am allermeisten, sag, was dich von aller Angst befreiet? – / „O lieber Vater, wissen das die Großen nicht, die Brüder, / dass Du der gute Vater bist? O das sind arme Brüder!

[107] Ich lernte das auf Erden schon im Vaterunser kennen, / da muss ja jeder doch zuerst Dich ,unser Vater‘ nennen! / Du warst wohl Gott von Ewigkeit voll Liebe und Erbarmen, / doch Vater bist geworden erst durch Jesum Du mir Armen! / Und das ist mehr, als wenn Du ewig Gott nur wärst geblieben / und hätt’st als solcher alle Kinder weit von Dir getrieben!“ / Nun Pathiel, wo ist denn dein bezeugter Jesus? Sage! / Wo ist er hingekommen? Gebe Antwort noch der Frage! – / „O lieber Vater, was ist das für Frag’! – Ist ja Dein Name, / denn Du und Jesus ist – wie ich und Pathiel – ein Name!“

[108] Hör Pathiel, und sage Mir: Ist denn die Welt nicht größer / und alle Sonnen, – war dein Erdenvater denn nicht besser / als Ich? O sage Mir, Ich möcht es wissen, was du glaubest! – / „O lieber bester Vater, so Du gnädigst mir erlaubest, / ein wenig schlimm zu sein, will gerne ich es Dir ja sagen, / dass Du in Deiner Liebe – ich getrau mir’s kaum zu sagen! – / dass Du – ich will es denn doch sagen – mich willst liebend necken, / um mich dadurch vor Dir dahier ein wenig zu erschrecken! / Denn was soll mehr und größer sein, denn Du mein lieber Vater, / ist das nicht mehr denn alle Welt: Du bist mein lieber Vater?!

[109] Und – ob Du besser bist?! – Ist das doch eine seltne Frage! / Wer soll denn besser sein, denn Du? Nur das mir jemand sage! / Mein Erdenvater war ein Mensch wie ich so schwach und elend; / das Beste war an ihm, dass er, wie wen’ge nichts verhehlend / von Dir, Du bester Vater! – mich schon früh Dich kennen lehrte / und so in mir die Lieb’ zu Dir von Tag zu Tag vermehrte. / Wenn aber das allein an ihm nur ist für gut zu nennen, / dass er mich Dich, den wahren Vater, früh schon lehrte kennen, / wie möcht er irgend besser sein? O das wär ein Verlangen! / Hat doch, so gut wie ich, ja er auch all’s von Dir empfangen!

[110] Ich weiß so gut wie andre, dass die Sonne Du erschaffen, / wie auch den Mond und Erde hast, zum Wachen und zum Schlafen / für die, so noch auf Erden wohnen; doch was klein gefunden / sogar mein kleines Aug’ schon hat und allzeit wohl empfunden, / wie alle diese Dinge einem nie den Hunger stillen, / wohl aber umgekehrt den Leib mit Hunger nur erfüllen. / Und Vater! wenn auf Erden ich recht hungrig bin gewesen / und hatte nicht auch nur ein kleines Stückchen Brot zu essen, / o dann ließ ich die Sonne, Mond und Sterne traurig gehen / und wandte mich zu Dir, um – Vater! – Dich um Brot zu flehen!

[111] Die Erde, Sonne, Mond und Sterne, das sind kleine Dinge, / der stirbt gewiss vor Hunger, dessen Herz an ihnen hinge; / sie haben keine Lieb’ und wahrlich durchaus kein Erbarmen, – / ich mag sie nicht, sie geben ja kein Brot den schwachen Armen! / Nur wenn ich dachte: Über euch wird wohl mein Vater wohnen, / und wo die meisten Sterne sind beisammen, wird ER thronen, / da sind sie freilich mir, ich sag es rund heraus, o Vater, / gar lieb gewesen; doch wenn ich in mir die Hungersnatter / verspürte, wollt ich lieber einen nahen Vater sehen, / denn dieser möcht mich leichter denn der ferne doch verstehen!

[112] Als mir einmal mein Erdenvater Deines Tod’s erwähnte / und mir die bittre Art desselben noch dazu benennte, / da dacht ich mir: O einen bessren Vater kann’s nicht geben / denn Dieser, der für böse Menschen gibt des Sohnes Leben! / Denn damals wusst ich nicht, dass Sohn und Vater Eines seien, / auch nicht, dass Du im Sohne kamst, um uns für Dich zu freien! / Doch als ich später hab von einem armen Mann erfahren, / dass Vater, Sohn und Geist als nur Ein Vater sich erwahren, / dass dieser Eine Vater ist ein überguter Vater; / da ward das Herz mir heiß vor Lieb’ zu Dir, mein guter Vater!

[113] Doch einmal weiß ich, sieh, da ist zu uns ein Mann gekommen, / fürwahr, der hätt’ beinah mir alle Lieb’ zu Dir benommen! / Der sagte mir, Du wärst ein schrecklich grausam strenger Richter – / Du wärst der schwachen Sünder selbst ein ewiger Vernichter. / O lieber Vater, sieh, da bin in meinem schwachen Herzen / gewiss und wahr geworden ich ganz voll von Angst und Schmerzen. / Doch bald darauf ist jener arme Mann zu mir gekommen / und hat mir wieder alle Angst und leere Furcht benommen; / denn, sagte er: Wärst Du so arg, als jener Dich verschrien, / gewiss, wer könnte lieben Dich, und beten auf den Knien?!

[114] Und weiter hat er mich und meinen Vater noch belehret, / und dieses hat mein Herz dann ganz und gar zu Dir gekehret! / Denn, sagte er: Nicht um der G’rechten, Frommen, Treuen willen / ist Gott in aller Liebe, um die Erd’ mit Gnad’ zu füllen, / als Mensch und Vater und Erlöser in die Welt gekommen. / Wohl aber hat Er aller Sünder Schuld auf Sich genommen; / um deren willen Er allein gekommen ist zur Erde, / und ging mit ihnen um, trug duldend jegliche Beschwerde. / Er lud zu Sich, die da mühselig waren und beladen, / und nahm gar jeden Sünder auf in aller Lieb’ und Gnaden!

[115] Noch ferner sagte er, der gute fromme arme Alte: / O sieh, mein lieber Knabe, dass da Gott mit Sündern halte, / musst nimmer denken dir; doch wie Er mit den Sündern handelt, / soll dir ein kleines Beispiel zeigen: Es hat sich einst gehandelt, / dass eine große Sünderin hätt’ soll’n gesteinigt werden; / sie ward gar schnöd zum Herrn gebracht, versteht sich, auf der Erden. / Die Richter fragten listig Ihn: Was soll mit der geschehen? / Da schrieb in Sand Er ihre Schuld und sprach: Werd’t Mich verstehen? / Wer ohne Sünde ist aus euch, soll sich den Arm nur schärfen, / um nach der Sünderin gerecht den ersten Stein zu werfen!

[116] Und, sprach der Arme weiter: Keiner wollt den Rücken beugen, / um durch den ersten Wurf der Sünderin die Schuld zu zeigen! – / Da sprach der Herr: Lasst ihr sie frei, will Ich sie auch nicht richten. / Nicht um zu richten und die ganze Erde zu vernichten / bin Ich gekommen, sondern das Verlorne aufzusuchen; / nicht so wie ihr, will Ich der armen schwachen Sünder fluchen, / wohl aber trösten, stärken, retten alle, die gefangen / im harten Joch der Sünde, doch im Herzen oft verlangen / befreit zu werden, – alle will Ich auf die Schulter nehmen, / sie bergen in Mein Herz, und so den Weg der Sünde hemmen!

[117] O lieber bester Vater! – Als da solches ich gehöret, / hat sich die Lieb’ zu Dir in mir unendlichmal vermehret. / Ich mochte schlafen nimmer, denn die Liebe ließ nicht ruhen, / noch essen mich und trinken, noch was Weltliches zu tuen; / nur immer fragte ich: Wo ist denn dieser gute Vater? / Ich muss Ihn finden, diesen überguten, guten Vater! – / Da sprach der alte Arme, wieder kommend zu mir Armen: / O suche nicht den Vater, denn du ruhst in Seinen Armen; / denn kannst mit deinen Augen, Kleiner, du Ihn auch nicht sehen, / doch wohl verspüren magst du Seine Liebe um dich wehen.“

[118] O sieh, Mein lieber Pathiel, du hast Mir viel erzählet / und hast in deinen Worten Mir das Kleinste nicht verhehlet; / darum sollst du bei Mir in deiner Unschuld ewig bleiben / und da in deines Vaters Hause dir die Weil vertreiben. / Das ist, Mein lieber Pathiel, nicht so wie auf der Erden, / allda die meisten Kinder töricht nur verdorben werden / durch nicht’ge eitle Dinge, sondern würdig zu belehren / all deine Brüder, um dadurch die Liebe zu vermehren / auf Erden wie im Himmel; sieh, so wirst dich unterhalten, / indem du wirst so manches Bruderherz ganz neu umstalten.

[119] Doch da der Sünden du nun auch getreulich hast erwähnet / und hast sogar die Sünderin aus Meiner Zeit genennet, / so sage Mir: Die welchen Menschen hältst denn du für Sünder? / Und sind denn Sünder schon wie du so junge kleine Kinder? – / „O lieber, guter Vater! – Ich hab oft gehört den Namen! / Doch nie konnt ich erfahren, wie die Menschen dazu kamen. / Da kam der arme Alte wieder, den hab ich gefraget, / auf dass er sage mir, was denn ,ein Sünder‘ wohl besaget? – / Da sprach er: Siehe, deren Herz den Vater nicht will lieben, / sind Sünder, wenn auch Kinder, weil sie Dich nicht, wie ich, lieben!“ –

[120] Wie wusste denn der arme Alte, wie du Mich geliebet / in deinem Herzen hast? – „O Vater! wenn mich was betrübet / auf Erden hat, so weinte ich, weil ich Dich nicht konnt finden, / um meine Not und Liebe Dir, dem Vater, zu verkünden. / Und klagte meinem Erdenvater ich das Leid im Herzen, / so fand ich ihn bedrängt von selber Not und selben Schmerzen! / Und wenn’s uns beiden öfter dann recht schlecht anfing zu gehen, / so durften lange wir um uns fürwahr wohl niemals spähen; / der arme Alte kam gewiss, um unser Herz zu trösten, / und stärkte uns so lang, bis vollends wieder wir genesten!

[121] Und wenn dann wir in unsrem Herzen wieder uns gefunden, / da sprach der Alte: So ist’s recht! Wer Gott also umwunden / mit seiner Liebe hat, wie ihr in eurer Not und Leiden, / an dem hat Gott, der gute Vater, wohl die größten Freuden! – / Und wenn dann solches ich vernommen hab zur frohen Kunde / aus meines lieben armen Alten liebefrommem Munde, / da fing ich bald zu hüpfen an aus Lieb’ zu Dir vor Freuden; / fürwahr, ich glaubte oft, die Engel müssten mich beneiden! / Wenn ich so recht in meinen Liebestaumel bin gekommen, / da hätt’ der Tod mir nimmer meine Fröhlichkeit benommen!“

[122] Fürwahr, also war’s recht, wie dir der Alte hat verkündet; / denn wer sich so wie du zu Mir in seiner Lieb’ entzündet, / der hat in seiner Liebe schon das Höchste treu gefunden / und hat den Tod schon lang in Meiner Liebe überwunden. / Doch sieh, Mein lieber Pathiel, – wenn Ich zur Erde schaue, / da seh Ich viele Menschen gleich dem lockern Morgentaue, / sie glänzen wohl durch manche Tugend an dem Lebensfaden, / allein, will prüfend Ich sie überliebend zu Mir laden, / da fallen sie vor Mir, dem Vater, all die schlechten Kinder / und werden nach und nach recht arge liebelose Sünder!

[123] Ja lieber Pathiel! – Es gibt noch andre auf der Erden, / die Mich anstatt zu lieben nur verachten! – Solche werden / wohl schwerlich je, wie du, zu Meinen Kindern aufgenommen, / zu denen werd Ich einstens wohl als strenger Richter kommen! / Was meinst du wohl, was solche bösen Kinder denn verdienen? – / „Fürwahr, o lieber Vater, Deine Lieb’ wohl nicht; doch ihnen, / wie mir, wirst Du zur rechten Zeit so einen Alten senden, / und dieser wird sie dann, wie mich, in Deiner Lieb’ vollenden. / Hab ich ja auch nie etwas Gutes sonderlich verrichtet, / und Du, o lieber Vater, hast mich dennoch nicht gerichtet!“

[124] Das ist wohl wahr, Mein lieber Pathiel, hast wohl entschieden, / doch was soll jenen denn geschehen, die der Liebe Frieden / samt Mir gar fluchend fliehen und von Mir nichts hören wollen? – / „O Vater! Gibt’s denn solche?! – Diesen könnt ich selber grollen! / Doch wenn auch diesen Du den rechten Lehrer möchtest senden, / sie sind ja Kinder auch, er möchte sie gewiss vollenden! / Was wär vielleicht aus mir, hätt’st Du mich nicht geführt, geworden? / Gewiss ich wär vielleicht der Ärgste liebeloser Horden! / Nur Deine übergroße Lieb’ hat mich zum Kind erhoben! / So lass geschehen, dass, wie ich, Dich alle möchten loben!“

[125] Mein lieber Pathiel, du hast bisher all’s wohl bezeuget, / wenn aber du es wüsstest, wer an Meiner Lieb’ noch säuget / und Mir in allem Ernste nach dem Leben listig trachtet / und Meine große Lieb’ mit wahrem festem Hohn verachtet – / was möchtest du dazu denn sagen, wie mit ihm verfahren? – / „O lieber Vater, gäb’s auch irgend so ein arg’s Verharren, / was wird es einem solchen blinden Toren denn wohl nützen? / Hat er die Liebe nicht, worauf will seine Macht er stützen? / Fürwahr, lass kommen ihn, dem will ich seine Torheit brechen / und ihm den blinden Groll aus seinem bösen Herzen stechen!“

[126] O lieber Pathiel, der Feind, auch keiner Macht gewärtig, / ist überlistig doch und gleich mit was recht Bösem fertig. / O sieh, wenn Meine Macht ihn nicht zurücke halten möchte / und ihn zum starren Tod’s Gehorsam gleich den Steinen brächte – / die Engel alle wären lange schon verleitet worden / und glichen seinen überbösen Satansengel-Horden! / Doch das nicht möglich ist in Meiner neuen Waltungssphäre, / denn Meine Lieb’ hat ihm schon lange angelegt die Sperre; / doch auch in ihm wallt freies Leben, dieses muss ja bleiben / und möcht er wüten gleich den Löwen und noch Ärgres treiben.

[127] O sieh, auch dieser Feind war einst ein Kind von Meiner Gnade, / er kennt sogar all Meiner Lieb’ und Gnad’ Erbarmungspfade, – / doch sieh, nicht Ich und alle Engel können ihn bekehren, / nur stets und stets pflegt er geg’n Mich den bittren Hass zu mehren. / Denn als Ich einstens ihn wie dich zum Kinde machen wollte, / auf dass er Mir wie du jetzt hier der Freuden höchste zollte; / als da, zu lösen ihm die Freiheit, Ich von Mir ihn wandte / und ihn voll Licht in Meines Lebens freie Schule sandte, / da hat er sich voll Stolz und großer Eigenlieb’ entzündet – / und hat dadurch von Meiner Liebe ewig sich entbündet!

[128] Was sagst du nun, Mein Pathiel, was hat er wohl verdienet – / und umso mehr, da er sich nie der Bosheit hat besinnet, / die er an Mir und allen deinen Brüdern hat verübet, / wodurch er höhnend Mich am Kreuze gar noch hat betrübet! / Nun sage, Pathiel, was soll nun aus dem Feinde werden? / Soll länger tragen Ich des Kreuzes Tod-Beschwerden? / Denn siehe, so wie jetzt die Dinge stehen, kann’s nicht bleiben, / nicht länger soll der Böse seinen großen Frevel treiben! / Darum, Mein lieber Pathiel, versuche zu entscheiden, / was da geschehen soll, – geh, geh und mache Mir die Freuden!

[129] „O lieber guter Vater! Dass der Feind so arg! so böse! / konnt ich nicht wissen; gäb’s ein Mittel nur, dass er genese, / ich wär viel froher, als dass Du ihn werdest richten müssen – / fürwahr, würd’ besser er, ich möchte alles für ihn büßen! / Wie sieht er denn doch aus, der Arme, dürft ich ihn wohl sehen?“ – / O ja, in Meinem Schoß wird dir von ihm nichts Leid’s geschehen! / Da sehe hin, auf Meinen Ruf wird er sogleich erscheinen, / und zwar in seiner großen Bosheit harten Feuer-Peinen. / Doch musst dich fürchten nicht zu sehr und schrecken vor dem Bösen; / nur aber musst du schauen ihn, nicht seine Zunge lösen!

[130] Nun sieh, da kommt er schon, belast’t von schwersten Feuerketten! – / „O Vater! Vater! wie gar schrecklich! welch Gestalt! – die – Ketten! / Es sieht ja keinem Menschen gleich, voll Eiter, Schwür’ und Beulen! / Wer wird und möcht ihn wohl zu einem g’sunden Menschen heilen? / O wie er gar so schrecklich grimmig tut mit seinen Augen! / Fürwahr, der möchte nimmer doch für Deine Himmel taugen! / O wie er nun anfängt gar fürchterlich an sich zu reißen, / sogar als wenn er wütend wär, ach! ach! um sich zu beißen; / auch möcht er schreien gar! Was ist’s, er fängt sich an zu krümmen? / O weh, er heulet ja, es ist, als hört ich tausend Stimmen!

[131] O lieber Vater! lass dies Schreckensbild von hier entweichen / und ihm den Ort, von Dir für ihn bestimmt, sobald erreichen; / denn, lieber Vater, Du bist heilig; – mir wird angst und bange! / Für diesen – nein – o Vater – ich wohl keine Lös verlange! / Denn wäre diesem je an Deiner Lieb’ etwas gelegen, / gewiss, er wäre nicht so trotzig fürchterlich verwegen! / O lieber heil’ger Vater! Ist denn der noch nicht gerichtet? / Ach ja, er lebt ja noch, so ist er auch nicht voll gerichtet! / Oh! Oh! – jetzt geht er, wie um ihn der Rauch und Flammen schlagen! / O schrecklich, schrecklich! Was sind das für unerhörte Plagen!?“

[132] Nun lieber Pathiel! Was sagst du jetzt zu Meinem Feinde, / taugt dieser ewig je in unsre heilige Gemeinde? / Für den Ich Ewigkeiten Meine Liebe hab verschwendet! / O sieh, wohin des ungeacht’t sich dieser hat gewendet! / Da alles nichts gefruchtet hat bei diesem bösen Kinde, / ob streng Ich war zu ihm als Vater, oder ob gelinde; / so werd Ich bald das Letzte tun und ihn mit allen richten, / die solche Tat wie er in Meinem Angesicht verrichten, – / denn sieh, gar viele Millionen hat er schon zerrissen / und mehre noch als hasserfüllter Drache Mir zerbissen!

[133] O sieh, Mein Pathiel, bei solchen Dingen tut’s vonnöten, / durch ein Gericht all solche Frevler durch den Fluch zu töten; / das heißt: denselben alle Gnade, Macht und Kraft benehmen / und sie dadurch für Ewigkeiten in der Bosheit hemmen, / und sie dazu noch über alles schmerzempfindlich machen / und um die Nackten ein stark brennend Feuer anzufachen – / zum Lohne, dass sie allzeit Meiner Liebe mochten höhnen, / da sollen sie im ew’gen Feuer schmerzvoll brennen. / Vielleicht wird ihnen Meiner Gottheit Zorn dann mehr behagen / und ihnen Meine Rache mehr denn Meine Gnad’ zusagen!

[134] Nicht wahr, Mein Pathiel, – also wird’s recht wohl sein entschieden? / Und soll mit Mir auch sein die Bosheit noch so unzufrieden, / so wird Mein Urteil sie doch ewig nimmer ändern können / und schwerlich ewig je mit Meiner Liebe sich versöhnen! / Was sagst du, Pathiel? – Bist doch mit Mir ganz einverstanden?! – / „O ja, mein liebster Vater, – bin mit Dir ganz einverstanden!“ – / Doch Pathiel, Ich sehe, deine Augen sind voll Tränen, / was fehlet dir? Möchtst das Mir, deinem Vater, nicht bekennen? / Du hast etwas an deinem kindlich lieberfüllten Herzen; / o sage Mir nur, was dich drückt, bekenn Mir deine Schmerzen!

[135] „O lieber Vater, sieh, ich bin mit Dir ganz einverstanden, / nur eines muss ich sagen Dir, das hab ich nicht verstanden; / und dieses ist, dass Du den argen Feind willst ewig strafen. / Wenn er schon tatlos ist geworden, warum ihn noch strafen? / Ich weiß, Du guter Vater hast nicht Freud’, wenn Kinder leiden; / Du sagst, hast Freude nur an aller Deiner Kinder Freuden! / So lass den bösen Feind auch bloß nur tat- und schadlos werden; / erlasse ihm die ew’ge Strafe, lass nur tot ihn werden! / O lieber Vater! – tue, was Dir bestens möchte dünken, / doch lass den Bösen nicht noch tiefer in die Bosheit sinken!“

[136] O hört und seht ihr Engel, Menschen, Sonnen, alle Welten! / Vernehmt es ihr auch alle treu aus Meiner Gnad’ Beseelten! / Des heil’gen ew’gen Vaters Liebe-Tiefe widerstrahlen / aus dieses armen Kindleins Herzen in die Sonnen-Allen! / O Liebe, große heil’ge Liebe, Du Mein eigen Wesen, / du kannst, du wirst noch selbst den Tod vom Tode einst erlösen! / O Pathiel, Mein Kind, Mein Sohn! aus deinem Aug’ die Tränen, / wie groß sind sie! wie heilig fromm ihr sanft gerechtes Sehnen! / O sei nur ruhig, sieh, was hart in dir du mochtst empfinden, / wird übersanft dereinst des großen Vaters Lieb’ entbinden!

(22. April 1842)

[137] Und nun, Mein lieber Pathiel, bist wohl mit Mir zufrieden; / denn du magst nun schon ahnen, wo dahin sich kehrt Mein Frieden, / der Frieden Meiner Liebe, der an alle ist ergangen, / die nur ein wenig je zur innren Lebensfreiheit drangen, / die doch wohl freilich nur in hehrer Fülle dir ist eigen – / und allen deinesgleichen, die Mir deine Liebe zeigen. / Doch aber kann sie jeder, wär er auch ein großer Sünder, / durch Buß und Reu erreichen, wenn genommen er den Zünder, / den Ich gestreuet hab getreu durch Wort und Tat auf Erden, / damit die festen Glaubens sind, schon können selig werden.

[138] „O lieber Vater! – Lass Dich auch von mir ein wenig fragen, / Du wirst wohl leichter doch, denn ich, so was in Dir ertragen. / O sieh, noch bin ins Klare ich wohl keineswegs gekommen, / darum ist mir die Angst und Furcht auch ganz noch nicht benommen. / Da Du allhier mit Deiner Lieb’ die meine hast erwecket / und hast auch Deine Gnad’ gar weit hinab nach mir gestrecket, / so mach zufrieden mich und höre meine schwache Stimme, / die da hervor noch geht aus einer kleinen Herzenskrümme; / denn vordem wusst ich nicht, was all’s im Herzen ist verborgen, / und lerne solches nun allhier im ew’gen Lebensmorgen.

[139] Was wird dann nach gar langen Zeiten aus dem Feinde werden? / O sage, lieber Vater mir, erleichtre die Beschwerden, / die noch mein kindisch Herz gar sehr in engen Grenzen halten; / o sag, wird er im Tod verhärten oder nur veralten? / Wird wohl nach Ewigkeiten werden er ein bessres Wesen, / wird je Deine Barmherzigkeit vom Tode ihn erlösen? / Was wird mit denen, die er hat verdorben, wohl geschehen, / o werden diese einstens von dem Tode auch erstehen? / Und gibt es eine Zeit, der Qualen Dauer zu bemessen? / O sage Vater mir! Musst Letztes aber nicht vergessen!“

[140] O lieber Pathiel, du schuldlos Kind! In deinen Fragen / wird ohne Antwort schon die schönste Antwort lieblich tagen. / Nicht wie auf Erden dient allhier, die Dauer zu bestimmen, / die flücht’ge Zeit nach Stunden, Tagen, Monden, Jahresprimen; / denn hier ist keine Zeit, wohl aber wonnevollstes Leben, / nach diesem wird der Dauer Maß-Zustand getreu gegeben. / Nun denke dir im Herzen, was die Liebe mag erfinden / in höchster Lebenswonne, wird der Freuden Maß verkünden; / von einer Edeltat zur andern wird allhier bemessen / die Dauer höchster Freuden – und wird nicht des Feinds vergessen.

[141] Daher kann nicht nach Zeit allhier bestimmt die Löse werden; / doch soll so lang der Staub geläutert werden auf der Erden, / bis aus derselben alles Lebens letzte Spur genommen / und endlich alles Geist’ge ist ans Gnadenlicht gekommen. / Das Wesenböse aber wird sich in dem Feuer lösen / wie eine harte Schrift, die unverstanden ward gelesen, / in einem Flammenherzen, das die Lebenskeime treibet, / in welchem sich am End die harte Schal’ zu Nichts zerreibet, / da sie zu nichts mehr nütze, muss auch selbst zunichtewerden. / Wie mit der Schale, so dereinst mit Sonnen und mit Erden!

[142] Hast Mich verstanden, lieber Pathiel, und wohl begriffen? / Gefunden dich in Meiner Weisheit endlos tiefen Tiefen? / O sag Mir nur, du darfst vor deinem Vater dich nicht scheuen, / denn jede Antwort deines Herzens kann Mich nur erfreuen; / darum sollst ohne Scheu Mir alles, aber treulich sagen, / so wirst du nimmerdar in deinem Herzen weinend klagen! – / „Ob ich’s verstanden hab; – kann Dich nicht jeder so verstehen? / Ich hab’s aus allem dem gar hell und überklar entnommen, / dass Du der liebe, gute Vater bist! hab ich entnommen; / mehr kann und darf und brauch ich ewig nimmer zu verstehen!

[143] Ich denke jetzt, und werde ewig so im Herzen denken: / Du, lieber Vater, wirst wohl all’s zum rechten Ziele lenken! / Was möchte und was könnte wohl dem schwachen Menschen frommen, / hätt’ er endlose Höhen auch in Deinem Licht erklommen; / wenn er Dich aber dennoch ewig nimmer mag erreichen, / auf dass er vollends Dir in allen Dingen möchte gleichen! / Und wer das täte, würde der den Feind nicht übertreffen, / indem er diesem gleich die Macht des Vaters möchte äffen? / Fürwahr, der Satan sucht vielleicht bis jetzt gar noch Dein Ende, / wie töricht muss er sein, nicht ahnend, dass in Dir kein Ende!

[144] Ist’s nicht also, Du lieber Vater, wer die Lieb’ erwählet, / hat sich gewiss mit Deinem Gnadenlichte auch vermählet; / wer aber nur nach Deinem Gnadenlichte möchte trachten, / dabei die Liebe aber als ein nutzlos Ding verachten, / dem wird gewiss des Gnadenlichtes möglichst sparsam werden, / sowohl allhier im Reich des Geistes, als zuvor auf Erden. / Daher will ich nie mehr und weniger von Dir erkennen, / als nur: Mein lieber Vater – Dich in aller Lieb’ zu nennen; / und soll dazu noch nötig sein, zu schaun des Lichtes Helle, / wird schwer nicht sein für den, der allzeit sitzet an der Quelle!“

[145] Mein lieber Pathiel, erst jetzt hast du es ganz erraten, / das ist die größte aller Meiner großen Liebetaten, / dass Ich der endlos ewig große Gott mit Kindern wandle, / ja Selbst als liebevollster Vater mit den Sündern handle, / der Ich doch heilig, heilig, heilig bin durch Ewigkeiten, / und stehe doch den Sündern bei, sie alle zu geleiten / dahin Ich Selbst gegangen, um das Größte zu vollbringen, / als Herr der Ewigkeiten mit dem Tode selbst zu ringen. / O sehet alle Engel, Menschen, Erden, Monde, Sonnen! / Das Größte ist, dass Ich bei kleinen Kindern pfleg zu wohnen!

[146] Ein Leichtes ist, zahllose Sonnenheere zu erschaffen, / ein Leichtes ist, die Faulen mit der’ Nichtung zu erstrafen, / was Leichtes ist’s, aus Sich zu rufen aller Arten Wesen, / dem übermächt’gen Gott ist alles dieses leicht zu lösen; / Er braucht nicht mehr, als auszusprechen nur den heil’gen Willen, / und jeder Raum wird gleich zahlloses Sein in sich verhüllen. / Zu geben doch die Freiheit Meiner Lieb’ erschaffnen Wesen / und sie vom Drucke Meiner ew’gen Macht Selbst zu erlösen, / darum als Gott ein Mensch zu werden auf dem Weltenstaube, / zu sterben schmählich gar! – Das zeug als Größt’s von Mir der Glaube.

[147] Damit ihr aber dieses möchtet vollends klar erfassen / und so von allem eurem alten Irrtum gänzlich lassen, / so sag Ich euch fürs Erste: Alles, was allhier Ich fragte, / wenn selbes auch bei weitem über eure Sinne ragte, / als Menschen, Erden, wie auch alle euch bekannten Sonnen, / auch alles Volk der Himmel, Kind, und eure Lebenszonen, / ist nur in euch zu suchen; da müsset ihr die Weisen finden! / Die Erde wie die Sonnen werdet ihr im Kopf entbinden, / wie auch die Weisen in den Augen, Ohren, Mund und Nasen; / befragt sie nur, ihr werd’t erkennen sie an ihrem Rasen!

[148] Die „Engel“ sind Erkenntnisse in euch aus Meinem Worte, / sie lehren, führen euch zu Meines Reiches Gnadenpforte; / doch wenn’s aufs Leben kommt, wie möchten sie euch solches geben!? / Dasselbe muss die reine Liebe erst in euch erheben. / Und diese Liebe ist „das Kind“, in ihr ist es verborgen, / in ihr die große Zeit, in ihr des Lebens ew’ger Morgen – / und da in ihr der ganzen Schöpfung Zweck nur ist vorhanden, / erlöset schon durch Meine größte Tat von allen Banden, / so ist die größte Tat darin ja nun erschöpft vollendet, / wofür der ganzen Schöpfung Zwecke sind für Eins verwendet!

[149] So aber Ich als Gott, der ewig heilig ist ohn Ende, / euch, den Geschöpfen, nun als Vater biete Herz und Hände, / ja selbst, um euch aus Lieb’ als solcher möglich doch zu werden, / Mich Selbst gefangen nehme, um mit euch ein Mensch auf Erden / zu sein, und das der Fülle Meiner Gottheit unbeachtet, / so wird fürs Zweite schwer nicht werden, so ihr das betrachtet, / auf einen Blick zu finden, wo die größte Tat sich kündet; / gewiss nur da, wo sich die Lieb’ ein neues Haus gegründet! / Ist nur ein fertig’s Haus des Bauwerks größte aller Taten, / so seht auf Meine Liebe denn – sie wird euch all’s verraten!

[150] Und da ihr solches habt erfahren, sollt ihr fröhlich beten: / „O lieber Vater, komm zu uns, wir haben Dein vonnöten, / kein andrer denn Dein Wille soll in uns die Herzen lenken, / auf dass dadurch Dein Name in dieselben sich möcht senken, / um da geheiliget zu werden in dem neuen Hause; / auch Brot des Lebens gib uns, Vater, zu dem Liebeschmause! / Vergesse nicht, o Vater! Sünder sind auch Deine Kinder, / vergebe uns! Wir alle sind vor Dir ja nichts denn Sünder! / Mit gar zu harten Proben wolle gnädigst uns verschonen / und lass dafür uns all in Deiner Vaterliebe wohnen!“

[151] Wenn ihr also gebetet habt in Meiner Liebe Namen, / so werde Ich hinzu als lieber Vater sagen Amen. / Doch müsset ihr barmherzig sein gen alle eure Brüder, / dann werd Ich allzeit freundlich hören eure Lobeslieder! / Was ihr, erbarmend euch der Brüder, möcht’t in Meinem Namen, / o glaubt’s, fürwahr, dazu werd mächtig sagen Ich das Amen! / Und wenn ihr mehre seid vereint für was in Meinem Namen, / um was ihr immer bitten werdet, werd Ich sagen Amen! / Und endlich, dass ihr trauen möcht’t der Macht in Meinem Namen, / sag Ich als euer Vater heilig liebevollst das Amen.

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