Der Laodizenerbrief |
[1.32] Warum aber mußte ich erblinden zuvor? Weil mein ganzes Wesen in der Materie des Tempeldienstes begraben war, und damit es darum von mir genommen ward. — [1.33] So mich aber der Herr ohne Ceremonie, also in meiner Blindheit, berufen hatte, wie hätte ich da aus dem Abendmahle je eine Ceremonie machen sollen? — [1.34] Oder ist es nicht also, wie mich allezeit lehret der Geist Gottes? — Wer das Licht der Augen hat, der schauet die Ceremonien der Welt, und erlustiget sich daran; — [1.35] Aber für den Blinden ist alle Welt mit ihrer Ceremonie vergangen, und der alte Tempeldienst, und alle die verbrämten Kleider! — [1.36] Also ist es eine ewige Wahrheit, daß der Herr mich nicht berufen hatte für eine neue Errichtung der Ceremonie, sondern für die Aufrichtung der Herzen, um welche der Satan Jahrtausende seine harten Ketten geschmiedet hatte; [1.37] Und zu predigen Jedermann die Freiheit des Geistes, den Frieden der Seele, und damit zu zerreißen in Christo dem Herrn die alten harten Bande des Todes! — [1.38] Was aber nützt mir und euch meine Lehre, was das Evangelium Gottes, so ihr euch frei wieder in den alten Tod begeben wollet? — [1.39] Ich aber bitte euch um eueres ewigen Lebens willen, lasset ab von Dem, was die alte Gefangenschaft zu Babel allen Juden als ein hartes Erbe hinterließ. — [1.40] Sehet, Babel, die große Hure der Welt, hat der Herr vernichtet; denn sie gab vielen Völkern den Tod! — Was aber werdet ihr gewinnen, so ihr aus Laodicea ein neues Babel errichten wollet? — Daher lasset ab von Dem, was der Gräuel der Verwüstung von Neuem herbeiführen möchte, wovon Daniel geweissagt hatte, da er stand an heiliger Stätte. — [1.41] Christus aber hat euch lebendig gemacht, da ihr todt waret in eueren Sünden, und in euerer Vorhaut eueres Fleisches, und hat euch nachgelassen alle Sünden, die ihr allezeit begangen habet in dem Tempel, wie in euerer Vorhaut; — [1.42] Er vertilgte die blutige Handschrift, welche da war wider uns Alle, die da entstanden ist durch weltliche Satzungen, und unsere Namen waren mit dieser Schrift eingetragen in's Buch der Welt, in's Buch des Gerichtes, und in's Buch des Todes, indem Er sie an's Kreuz heftete! — [1.43] Warum aber wollet ihr nun diese von Gott Selbst vertilgte, an's Kreuz des Gerichtes, der Schmach, des Fluches, des Todes geheftete Blutschrift wieder herabreißen, und euere neuen Namen in Christo vertauschen für die alten, welche mit Blut geschrieben waren im Buche des Gerichtes? [1.44] O ihr blinden Thoren aller Thorheit! In Christo seyd ihr frei geworden, und wollet nun wieder Sclaven und Knechte der Sünde, des Gerichtes und des Todes werden! — Habt ihr denn nicht gehört, daß derjenige verflucht ist, der da an's Kreuz geheftet wird?! — [1.45] Christus aber hat euere Schande, euere Schmach, euere Sünde, euer Gericht und eueren Tod auf Sich genommen, und ließ Sich für euch als ein Verfluchter an's Kreuz heften, um euch allen die volle Freiheit zu verschaffen vor Gott; und damit ihr in Ehren wandeln sollet, nahm Er alle euere Schande und Schmach mit an's Kreuz! — [1.46] O was hat euch doch berücket, die ihr lebendig geworden seyd in Christo, daß ihr nun wieder euch dem Tode von Neuem ergeben wollet?! — [1.47] Mit was soll ich euch denn vergleichen, das euch treffen möchte, wie ein guter Wurf die Zielscheibe? — Ja, ihr seyd gleich einer brandigen Buhldirne, die da wohnet in einer Stadt, und ist aber dennoch eines guten Hauses Tochter. — [1.48] Höret mich an, und schreibet es euch hinter die Ohren! — Was nützt der Buhldirne ihre gute Abkunft, so aber dennoch ihr Fleisch geiler ist, als das Fett eines gemästeten Sündenbockes? — [1.49] Wird sie nicht in ihrem Gemache vor Fleischbrand auf und ab rennen, und wird bald bei einem, und bald wieder beim andern Fenster den halben Leib hinausstrecken, und wird ihre buhllüsternen Augen nach allen Seiten herumschießen lassen, ob sie erblicken möchte Den, der da hat, darnach ihr Fleisch geilet und brennet?! — [1.50] Und wird sie ihn erblicken, so wird sie ihm zeigen durch die lose Gluth ihrer Augen, was sie möchte, und wird in ihrer Begierde um's Zehnfache mehr sündigen mit ihm, als eine Hure im Bette der Schande mit ihrem Buhlen! — [1.51] O sehet, ihr Laodiceer, das ist euer Bild! — Wisset ihr aber, was der redlich werben wollende Bräutigam solch einer Dirne thun wird, so er vor ihrem Hause vorbeiziehen wird, und wird ansichtig ihrer schändlichen Geilerei? — [1.52] Er wird sie sofort tun aus seinem Herzen, und aus seinem Munde, und wird sie hinfort nicht mehr ansehen, und so sie auch gelangen möchte in die größte Noth! — [1.53] Desgleichen wird euch auch der Herr thun; denn Er hat euch einen neuen lebendigen Tempel errichtet in eueren Herzen, allda ihr Seiner harren sollet; ihr aber verschmähet den Tempel, dieses heilige Gemach, und rennet aus lauter weltlicher Geilheit an die Fenster des Gerichtes, und wollet da geilen mit der Welt, des Goldes wegen, des Ansehens und der Herrschsucht wegen, da ihr nach allem dem lüstern seyd! — [1.54] Ich aber sage euch: Der Herr wird Sich zurückziehen, und wird euch in alle Hurerei übergehen lassen, in's alte Gericht, und in den alten Tod, so ihr nicht sofort umkehret, und gänzlich ablasset von euerer selbstgewählten Geistlichkeit, von euerem Tempel, von euerem Feiertage, und von eueren verbrämten Kleidern; denn dieß Alles ist vor dem Herrn ein Gräuel gleich einer brandigen Buhldirne, die da in ihrem Herzen ärger ist, denn zehn Huren Babels. — — — |
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