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Die geistige Sonne

Die ganze Natur und jede Verrichtung von Tieren und Menschen birgt ein Evangelium der Ordnung Gottes. Beispiel vom Hausbau

(Am 23. November 1842 von 4 – 6 Uhr abends.)

[1.2.1] Wie Ich euch schon so manches Mal gesagt habe, also sage Ich es euch zum wiederholten Mal wieder: Die ganze Natur und auch jede mögliche Verrichtung sowohl von Tieren als ganz besonders von Menschen kann ein Evangelium sein und durch ferne Verhältnisse zeigen und erschließen die wunderbarsten Dinge Meiner ewigen Ordnung. Ja, es braucht da ein oder das andere Ding für ein vergleichendes Beispiel durchaus nicht gesucht zu werden, sondern ihr könnt nach was immer für einem zunächstliegenden Ding greifen, welches noch so unscheinbar ist, so wird es sicher dasjenige Evangelium in sich tragen, welches zur Beleuchtung was immer für eines geistigen Verhältnisses sicher also vollkommen taugt, als wäre es von Ewigkeit her lediglich für diesen Zweck erschaffen worden. Also habe Ich gesagt, dass wir noch mehrere Beispiele vonnöten haben, um durch sie völlig auf die geistige Sonne uns schwingen zu können. Darum wollen wir denn auch gar nicht heiklig sein, sondern ein nächstes Bestes hernehmen.

[1.2.2] Nehmt ihr an ein nächstes bestes Wohnhaus. Woraus wird dieses wohl gebaut? Wie ihr wisst, gewöhnlich aus ganz roher, unförmlicher, klumpenhafter Materie. Diese Materie findet sich wie selbstsüchtig geteilt allenthalben vor. Dergleichen ist der Ton, aus dem die Ziegel bereitet werden, dann aus den Steinen eine gewisse Gattung, aus der da gebrannt wird der Kalk, dann der Sand und unförmliches Holz. Wir bringen nun ein solch rohes Material auf irgendeinem Feld zusammen. Da liegt ein ganz kleiner Berg von aufgeworfener Tonerde, wieder ein chaotischer Haufen von Bäumen, welche aber noch nicht behauen sind, und wieder ein tüchtiger Sandhaufen. In einiger Entfernung davon befindet sich ein kleinerer Haufen rohen Eisenerzes; wieder etwas von diesem Haufen weg ein Haufen von Kiessteinen und nicht ferne davon eine tüchtige Wasserlacke. Seht, da haben wir das rohe Material zu einem Haus haufenweise beisammen. Sagt Mir aber, wer aus euch wohl so scharfsichtig ist und erschaut sich aus all diesen rohen Materiehaufen ein wohlgeordnetes stattliches Haus heraus? Alles dieses sieht doch so wenig einem Haus ähnlich als etwa eine Fliege einem Elefanten oder wie eine Faust dem menschlichen Auge, und dennoch hat dieses alles die Bestimmung zur Erbauung eines stattlichen Hauses.

[1.2.3] Was muss aber nun geschehen? Über den Tonhaufen kommen Ziegelmacher. Der lose Ton wird angefeuchtet, dann tüchtig durch und durch geknetet, und hat er sich gehörig ergriffen und ist hinreichend zähe geworden, so wird er sobald zu den euch wohlbekannten Ziegeln geschlagen. Und damit sich die Tonteile in den Ziegeln noch inniger und haltbarer ergreifen, wird ein jeder solcher Ziegel noch im Feuer ganz tüchtig gebacken, bei welcher Gelegenheit er mit der Überkommung der größeren Festigkeit auch gewöhnlich eine euch gar wohlbekannte Farbe überkommt. Was geschieht denn mit den Kalksteinen? Seht, alldort in einiger Ferne werden schon mehrere Öfen errichtet, allwo diese Kalksteine gebrannt werden. Was mit dem gebrannten Kalk geschieht, wisst ihr doch sicher. Sehen wir weiter! Auch über den Holzstamm-Haufen haben sich eine Menge Zimmerleute hergemacht und behauen die Bäume für den baulichen Bedarf. Und seht, bei dem Erzhaufen haben sich Schmiede eingefunden, schmelzen das Erz, ziehen das brauchbare Eisen heraus und bearbeiten dasselbe zu allerlei baulichen Erfordernissen. Weiter seht ihr die Kiessteine zerstampfen und zermalmen und auf die euch schon bekannte Weise zu reinem Glas umgestalten.

[1.2.4] Nun haben wir das rohe Material in der Umgebung schon kultiviert. Daher kommt auch schon der Baumeister, steckt seinen Bauplan aus. Der Grund wird gegraben, und die Maurer und ihre Helfer tummeln sich nun emsig herum, und wir sehen die rohe Materie sich unter den Händen der Bauleute zu einem geregelten Bau gestalten. Allmählich wächst das stattliche Haus über dem Boden empor und erreicht die vorbestimmte Höhe. Nun legen die Zimmerleute die Hand ans Werk, und in kurzer Zeit ist das Gebäude mit vollkommener Dachung versehen. Bei dieser Gelegenheit aber haben sich auch unsere früheren rohmateriellen Haufen völlig verloren; nur einen Teil des Sandhaufens sehen wir noch und einen Teil gelöschten Kalkes, aber es geht soeben an das sogenannte Verputzen und Verzieren des Hauses. Und bei dieser Gelegenheit schwinden auch noch die zwei letzten materiellen Reste. Seht, das Haus ist nun völlig verputzt von außen wie von innen. Aber jetzt kommen noch eine Menge kleinerer Handwerksleute. Da haben wir einen Schreiner, dort einen Schlosser, wieder da einen Zimmermaler, allda einen Hafner und wieder dort einen Fußbodenlackierer. Diese Kleinhandwerker tummeln sich noch eine Zeit herum, und das Haus steht förmlich Ehrfurcht einflößend da.

[1.2.5] Wenn ihr nun eure Gefühle vergleichen könnt, vom Anblick der rohesten Materie angefangen bis zur gänzlichen Vollendung dieses stattlichen Gebäudes, so werdet ihr darin doch sicher einen ganz gewaltigen Unterschied finden. Wodurch aber wurde denn dieser Unterschied hervorgebracht? Ich sage euch: Durch nichts anderes als durch die zweckmäßige und gerechte Ordnung und Einung der getrennten rohen Materie zu einem Ganzen. Wenn ihr früher unter den rohen Materienhaufen herumgewandelt seid, da ward es euch unbehaglich zumute, und eure Gefühle wälzten sich chaotisch durcheinander. Als ihr wieder die ganze rohe Materie durch das Feuer und durch die Handwerkszeuge der Zimmerleute mehr ordnen und tauglich machen saht, da ward es euch schon heimlicher; denn ihr saht jetzt schon mehr Möglichkeit voraus, dass aus solch einer geordneten Materie ein Haus werden kann. Aber noch immer konntet ihr zu keiner völligen Vorstellung des Hauses gelangen.

[1.2.6] Als ihr aber vom Baumeister den Bauplan habt ausstecken gesehen, so wart ihr gewisserart schon mehr befriedigend überrascht in eurem Gefühl, denn ihr konntet da schon sagen: Ei, siehe da! Das wird ein ganz großartiges Gebäude! Als ihr aber dann das Gebäude schon im Rohen völlig ausgebaut erblicktet, so sehntet ihr euch nach der Vollendung des Gebäudes. Als das Gebäude vollendet dastand, da betrachtetet ihr dasselbe mit großem Wohlgefallen, und als ihr erst in die schönen und zierlichen Gemächer des Hauses eingeführt wurdet, da verwundertet ihr euch hoch und sagtet: Wer hätte solches der vor kurzem noch ganz roh daliegenden Materie angesehen?!

[1.2.7] Nun seht, also verhält es sich auch mit allem dem, was wir bis jetzt in der naturmäßigen Sonne gesehen haben. Es sind rohe Materialklumpen, welche in diesem Zustand ohne Zusammenhang und ohne Einung erschienen. So jemand die Bewohner der Sonne und alle ihre Einrichtungen nacheinander betrachtet, so kann er daraus keinen Zusammenhang und kein Aufeinanderbeziehen herausfinden. Also erst in dem Geistigen werden diese noch ganz rohen Klumpen mehr und mehr geordnet. Und aus dieser Ordnung kann dann schon ersehen werden, zu welch einer höheren Bestimmung sie demzufolge da sind, da sie in ihrem Inneren alle auf ein Wesen hinblicken, in welchem erst dann ihre endliche und völlige Ordnung zu einem vollkommenen Ganzen bewerkstelligt werden kann.

[1.2.8] Wir werden daher das vollends fertige Gebäude erst in der geistigen Sonne erschauen, in welcher sich alles dieses ergreifen wird, und wird sich in übergroßer Herrlichkeit als ein Ganzes dartun.

[1.2.9] Seht nun, wie dieses alltägliche Beispiel ein gar herrliches Evangelium in sich fasst und erschließt dem inneren Betrachter eine Ordnung, von welcher sich kein Sterblicher noch etwas träumen hat lassen. Aus diesem Beispiel will Ich euch sogleich auf etwas dem Geistigen sich mehr Annäherndes aufmerksam machen, und das zwar namentlich an der Sonne selbst.

[1.2.10] Ihr habt die verschiedene Einrichtung der ganzen Sonne nun beschaut und auch alles, was auf ihr und in ihr ist. Es ist sicher von zahlloser und beinahe unaussprechlicher Mannigfaltigkeit. Wie spricht sich denn aber am Ende alle diese sicher denkwürdige Einrichtung der Sonne aus?

[1.2.11] Die Antwort erteilt euch ein jeder Blick, den ihr nach der Sonne sendet, nämlich in einem allgemeinen überaus intensiven Licht- und Strahlenkranz.

[1.2.12] Seht, wie das beinahe endlos Mannigfaltige sich allda vereinigt und als so Vereinigtes in nahe endlose Raumfernen hinauswirkt. Es wird nicht nötig sein, alle die zahllos wohltätigen Wirkungen des Sonnenlichtes darzustellen, denn ein jeder Tag beschreibt und besingt dieselben auf eurem kleinen Erdkörper schon zahllosfältig. Würde die Sonne ohne diese Lichteinung über sich mit all ihren zahllosen Teilen auch solche wunderbaren Wirkungen hervorbringen? O sicher nicht! Fragt nur eine recht derbe Nacht, und sie wird euch buchstäblich sagen und zeigen, wozu eine lichtlose Sonne tauglich wäre. Doch wir brauchen uns nicht nur mit diesem noch immer etwas harten Beispiel zu begnügen, denn es gibt noch eine Menge bessere.

[1.2.13] Damit ihr aber auch desto überzeugender erseht, wie uns ein jedes Ding unserem Zweck näherführen kann, wenn wir es nur vom rechten Standpunkte aus betrachten, so sollt ihr für ein nächstes Beispiel selbst einen allernächsten und somit auch allerbesten Stoff wählen, und wir wollen dann sehen, inwieweit er sich für unsere Sache wird brauchen lassen oder nicht. Ich meine aber, es dürfte euch ziemlich schwerfallen, in dieser Hinsicht einen unbrauchbaren Stoff zu wählen, denn was liegt an der Klumpenform eines vorgefundenen Erzbrockens? Nur in den Schmelzofen damit, und der gerechte Hitzegrad wird ihm schon seine sichere Bestimmung geben! Daher sucht auch ihr nicht mühsam einen Stoff, denn wie Ich euch sage, Ich kann gleich einem Packeljuden alles recht gut brauchen! Und so lassen wir die Sache für heute bei dem bewendet sein!

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