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Großes Evangelium Johannes

[3.123.4] ,O Du mein heiliger Vater in den Himmeln! Dein Name werde geheiligt! Zu uns armen tot- und nachtvollen Sündern komme Deine Vaterliebe! Dein allein heiliger Wille geschehe hier auf dieser Deiner Erde wie in allen Deinen Himmeln! Haben wir gesündigt wider Deine ewige, heilige Ordnung, so vergib uns solche Torheit und habe Geduld und Nachsicht mit uns, wie auch wir mit denen Geduld und Nachsicht haben, die sich gegen uns irgend versündigt haben! Laß es ja nicht zu, daß wir in unserer fleischlichen Schwachheit irgend über unsere Kraft von der Welt und vom Teufel versucht werden, sondern erlöse Du uns durch Deine große Gnade, Liebe und Erbarmung von den tausenderlei Übeln, durch die unsere Liebe zu Dir, o heiliger, großer, lieber Vater, getrübt und geschwächt werden könnte! Wenn es uns aber hungert und dürstet, geistig und leiblich, dann gib uns, Du guter, lieber Vater, nach Deinem heiligen Ermessen, was wir täglich vonnöten haben! Dir allein alle meine Liebe, alle Ehre und alles Lob ewig, ewig!‘ –

[3.123.5] Sieh, das heiße ich beten, welches Beten aber vor Gott erst offenbar nur dann etwas gilt, wenn zuvor in aller Tiefe des Herzens auf die vorbeschriebene Art und Weise die Liebe zu Gott in die lichten und heißen Flammen übergeschlagen hat durch die Einung aller Gedanken und Gefühle im göttlichen Zentrum des Herzens; fehlt dieser Vorakt (Vorgang), so ist jedes Gebet mit bloßen, noch so schönen Worten vor Gott ein Greuel und wird nicht angesehen und nicht angehört.

[3.123.6] Denn Gott in Sich ist ein Geist und muß darum im Geiste der Liebe und im flammenhellsten Lichte der Wahrheit angebetet werden. – Verstehst du nun, was da der vollsten Wahrheit nach Beten heißt nach meinem Sinne und nach meinem Verstande?“

[3.123.7] Sagt Mathael: „O du holdseligstes Mädchen! Wer hätte denn in dir je eine solche Weisheitstiefe gesucht!? Wahrlich wahr, da könnte ja ich noch ganz gut dein Jünger sein, und ich schäme mich nicht im geringsten, solches hier vor allen ganz laut und offen zu bekennen! Ja, jetzt begreife ich erst deine unbesiegbare Anhänglichkeit zum Herrn und vice versa (umgekehrt), wie die Römer sagen! Du scheinst auch in kürzester Zeit vom Herrn gleich mir erweckt worden zu sein?!“

[3.123.8] Sagt Jarah: „Wer Gott den Herrn über alles liebt, der wird bald und leicht erweckt; wer Ihn aber mit dem Verstande sucht, um Ihn zu lieben, wenn er Ihn mit dem Verstande erst so recht kernfest gefunden hat, der hat sich eine große und sehr vergebliche Arbeit vorgenommen, mit der er nimmer zum erwünschten Ziele auf dieser Welt gelangen wird. Also bist auch du so schnell zum intensivsten Lichte der Gnade aus Gott gelangt; denn im Herzen deiner Seele muß es doch stets sehr flammend hergegangen sein, obschon du deinem Leibe nach auf eine Zeitlang ganz von den argen Geistern der Hölle belagert warst!“

[3.123.9] Sagt Mathael: „Ja, göttliches Kind, da dürftest du wohl sehr recht haben! Ich liebte Gott von meiner Kindheit an über alles, darum mich meine Alten denn auch dem Tempeldienste weihen ließen, allwo mein Fleisch erst zu einer wahren Höllenmaschine gemacht ward, aber meine Seele trotzdem blieb, was sie vom Uranbeginn ihres Seins war. Davon aber auch kein Wort mehr weiter; denn ich erinnere mich nicht gerne daran. – Und nun sage du, meine geliebteste Helena, wie denn dir dies weise Mädchen behagt! Ist das nicht staunenswert, in welch hoher Weisheit sich dieses Kind befindet!?“

[3.123.10] Sagt Helena: „Wo und wer sind denn ihre Eltern?“

[3.123.11] Sagt Mathael: „Na, na, das ist ja schon alles bekannt, und du hast ihren hier eben auch anwesenden Vater Ebahl, Gastwirt aus Genezareth, auch schon abends unten in euren drei Hütten gesehen und gesprochen! Hast du denn das schon vergessen? Sage mir lieber, wie dir die überaus markige Weisheit dieses Mädchens gefällt, und ob du nicht den Wunsch lebendig fühlst samt mir, ebenso weise zu sein wie sie, diese allerliebste, holde Kleine! Wahrlich, ich weiß viel, – aber dies Kind weiß mehr! Ich sehe sie in meinem Gemüte, wie ihre keusche Brust Dinge birgt, von denen wir noch gar keinen leisen Dunst haben. Aber der Raphael scheint bei ihr nicht in einem ganz besonderen Ansehen zu stehen! Wie gefällt dir denn das alles, du meine holdeste Gemahlin Helena?“

[3.123.12] Sagt Helena ganz wehmütig, statt heiter und fröhlich: „O mein Mathael, dahin wird es die arme Helena wohl ewig nicht bringen! Es scheint ja, als ob des Allmächtigen Herz geradewegs in dieses Mägdleins Herzen stecke; denn das ist ja eine Erfahrenheit in der Sphäre des innersten Gottlebens im Menschen, wie man solche nur aus dem Munde des Schöpfers erfahren kann! Da ist es dann freilich begreiflich, warum sie auf den Engel eben nicht gar zu große Stücke hält; denn sie muß ihm an der wahren Weisheit so ähnlich sein wie ein Auge dem andern. Daß der Engel wohl eine unendliche Macht und Kraft aus dem Herrn besitzt, daran ist nicht zu zweifeln; ob er aber in der wahren Weisheit aus Liebe zum Herrn stärker ist denn dies Mägdlein, möchte ich schier bezweifeln.

[3.123.13] Ich möchte mich wohl in irgendein Gespräch mit ihr einlassen, wenn ich nicht einen gar so großen Respekt vor ihrer Weisheit hätte! Denn unsereins dürfte vor dem Mägdlein etwa nur ein dummes Wort auslassen, und man würde etwa leichtlich eine Korrektion aus ihrem Munde erhalten, daß man sein ganzes Leben hindurch sich nicht mehr getraute, auch nur ein Wort mehr über die Lippen gehen zu lassen.

[3.123.14] Wenn das Mädchen eine Arme wäre, so möchte ich es beschenken mit allen meinen Schätzen, die ich bei mir habe; aber es scheint dem ziemlich kostbaren Anzuge nach ein Kind von wohlhabenden Eltern zu sein, und es würde ein Geschenk von mir bei ihr sicher keine gute Aufnahme finden, besonders bei ihrer ungeheuren Weisheitstiefe, die ohnehin jeden Weltprunk noch tiefer verachten wird als wir und besonders ich, die ich ihr nicht auch nur den kleinsten Wassertropfen einer Weisheit zu reichen imstande wäre!

[3.123.15] Ich habe das Mädchen unbeschreiblich lieb; aber es wird mir in ihrer Nähe dennoch ordentlich angst und bange.

[3.123.16] Aber für die Bescheidung, wie man zu Gott wohlgefällig beten soll, bin ich ihr dennoch zu einem großen Danke verpflichtet; aber wie werde ich diesem Kinde den gebührenden Dank an den Tag legen können?“

[3.123.17] Sagt die Jarah, die sich einstweilen mit dem Raphael über etwas besprach: „Holdeste, hohe Königin, liebe mich, wie ich dich liebe, – ein mehreres bedarf es nicht! Was mir aber aller Welt Schätze sind, das weißt du ohnehin und hast es auch ehedem ganz weise ausgesprochen; und käme es wirklich darauf an, daß wir uns gegenseitig mit den groben Materieschätzen begrüßen sollten, so könnte ich dir ganz sicher größere bieten, denn du mir. Was aber ist alle diese Weltpracht gegen nur einen kleinsten Funken der wahren, lebendigen Liebe zu Gott in unserem Herzen!? Freundin, dies Juwel müssen wir treu bewahren, hüten und pflegen in unserm Herzen, damit es uns nicht entfremdet wird! Besitzen wir das in stets größerer Pracht, in der Reinheit sowohl als in der Lebensintensität, so besitzen wir mehr, als was alle Himmel zu fassen imstande sind! – Verstehst du solches?“

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