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Die Fliege

Vom Grund und Wesen des Lichtes.

Fortsetzung am 22. März 1842.

[9.1] Wir haben in der vorhergehenden Mittheilung unsere Fliege somit als erstes Thier „hinter einem neugebildeten Planeten einhersumsen“ gehört.

[9.2] Es wird nöthig sein, diese Redefigur näher zu erklären; jedoch kann manches Schwächeren willen beigefügt werden, daß dieses nur zeitlich, aber nicht räumlich zu nehmen ist; wodurch dann jemand auf die Idee gelangen könnte, als würde ein ungeheuer großer Fliegenschwarm gleich einem Kometenschweif einem solchen Planeten nachjagen; also solches ist nur zeitlich zu verstehen, wie da aus einer Vorbildungsperiode eine entwickeltere und vollkommenere folgt.

[9.3] Solches wüßten wir also bereits, ihr aber werdet nun meinen: „Was wird denn von der armseligen Fliege noch für Höheres und eigentlich Siegreicheres abzugewinnen sein? Denn wir haben sie jetzt, dieser Enthüllung zufolge, vom Ursprunge aus gesehen, und haben an ihr bei all' den wunderbaren außerordentlichen Verhältnissen am Ende doch nur nichts mehr und nichts weniger als eine der göttlichen Ordnung zwar wohl entsprechende, aber sonst nur „eine gewöhnliche Fliege“ gefunden; dergleichen wir zur Sommerzeit in großen Schwärmen zur Genüge zu Gesichte bekommen.“

[9.4] Sehet, das ist eine wohlgerathene Bemerkung, und taugt sehr gut, um auf diesem Grunde ein neues festes Gebäude aufzuführen.

[9.5] Bevor wir uns aber doch über das Gebäude selbst hermachen wollen, müssen wir zu einem tüchtigen Vorbau schreiten, um uns gehörig vor dem Angriff zu verwahren; denn sonst dürfte unser armes Thierchen nicht gut durchgehends mit dem Leben davon kommen, besonders in dieser Zeit, wo es gar so viele gelehrte Mückenfänger und tiefwissenschaftliche Fliegenpracker gibt.

[9.6] Wo werden wir aber unsere Schanzen aufwerfen? — Sehet, das wird hier schwer auszumitteln sein.

[9.7] Da es allezeit dort die meisten Mißmeinungen, oder insgemein Hypothesen, gibt, wo es dem kurzsichtigen Menschenverstande am wenigsten gestattet ist, in die lichte Sphäre der Wirklichkeit hineinzublicken, da auch werden die allerverschiedenartigsten Theorien aufgeführt, von denen immer, wie eine französische Kleidermode, die letzte die herrschende Oberhand führt.

[9.8] Worin besteht aber dieses, worüber in dieser gelehrten Zeit insgemein nahe ebenso viel Theorien existieren, als es Gelehrte selbst gibt?

[9.9] Sehet, das liegt und besteht im Lichte.

[9.10] Darum sollen wir einige aufmerksame Blicke auf das Licht selbst werfen, und das wird der Vorbau sein, und sodann erst zu unserer Fliege übergehen.

[9.11] Wir wollen somit die Hauptfrage stellen: Was ist das Licht? an und für sich selbst, und wie pflanzt es sich fort?

[9.12] Um dieses darzuthun, wird es keineswegs nöthig sein, was immer für eine bestehende irrige Theorie namentlich anzuführen, sondern wir stellen unsere Erklärung auf, und diese mag euch und jedem zu einem Probiersteine dienen, um auf demselben zu erproben, wie viel des edlen oder unedlen Metalles in all den andern angeführten Theorien sich befindet.

[9.13] Was ist also das Licht? —

[9.14] So ihr das Licht, wie es in der Zeit und im Raume zur Erscheinung kommt, wohl und gründlich erfassen wollet, da müßet ihr dasselbe weder ganz materiell, noch ganz geistig betrachten, sondern materiell und geistig in Verbindung, und es ansehen als eine also gestellte Polarität, da der geistige Theil den positiven, der materielle aber den negativen Pol ausmacht.

[9.15] Diese Polarität ist aber also gestellt, daß sie sich nicht verhält wie Vorderes und Hinteres, sondern wie Inneres und Äußeres, allda dann ist das Innere der positive und das Äußere der negative Pol.

[9.16] Wie kommen aber diese beiden Polaritäten sonach als Licht zur Erscheinung?

[9.17] Sehet, diese Schwierigkeit soll bald gehoben sein. Wenn ihr einen sogenannten Feuerstein nehmet, und streichet mit einem gehärteten Eisen darüber hinweg, so werdet ihr auch alsobald eine Menge sprühender Funken der Stelle entfahren sehen, an welcher das gehärtete Eisen den Stein bestrich. — Diese Funken waren Licht; wo haben sie denn das Leuchten hergenommen, aus dem Steine oder aus dem Eisen? oder aus beiden zugleich?

[9.18] Es ist nicht nöthig, hier noch näher zu erwähnen, daß bei diesem Akte die Fünklein lediglich vom Eisen herrühren, von welchem äußerst kleine Theile durch den harten Stein abgeritzt wurden und sich dadurch entzündeten, daß die in den Poren des Eisens eingeschlossenen Lufttheilchen nicht dem durch das Streichen bewirkten Drucke ausweichen konnten, und sich daher entzündeten und die also abgelösten Eisentheilchen sobald in den Weißglühzustand versetzten.

[9.19] Dieses wüßten wir, aber auf welche Art und Weise wird denn die also gequetschte Luft entzündet, und was ist demnach das Leuchtende bei dem Akte der Entzündung der Luft?

[9.20] Hier kann die Sache unmöglich mehr anders erklärt werden, als wie es euch zu wiederholten Malen kundgeben wird, daß da die Luft nichts Anderes ist, als ein materieller Leib der in ihr enthaltenen intellektuellen Geister. Die Physiker würden es zwar lieber hören, wenn Ich hier anstatt Geister — freie, ungebundene Kräfte gesetzt hätte; allein, da wir gründlich gehen wollen, so nehmen wir auch statt der Eigenschaft die mit der Eigenschaft behaftete Sache selbst, welche da ist der Geist selbst, oder nachdem wir hier nicht mit einem, sondern mit sehr vielen Geistern, zu thun haben, alsonach die Geister selbst.

[9.21] Da wir nun solches festsetzen, so können wir jetzt der Sache alsogleich auf die alleruntrüglichste Spur kommen, und so vernehmet es denn: Da der Geist eine positiv-polarische Kraft ist, so strebet er fortwährend nach der allerungebundensten Freiheit, und ist im gebundenen Zustande nur so lange ruhig, bis er von der ihn umgebenden negativen Polarität, oder noch verständlicher, von seiner Hülse, keine ungewöhnliche Beeinträchtigung erfährt. Erleidet er aber von Außen her was immer für einen Druck, so wird der Geist sobald von seiner angewohnten Beengungssphäre geweckt, und gibt sein Dasein durch seine ausdehnende Bewegung zu erkennen, welches Erkennen sich dann allezeit durch das euch bekannte Phänomen des Leuchtens kundgibt.

[9.22] So weit hätten wir es nun gebracht, aber dessen ungeachtet wird ein Jeder sagen: Solches mag wohl richtig sein, aber was das eigentliche Leuchten an und für sich ist, wissen wir denn doch noch nicht.

[9.23] Ich aber sage: Nur noch eine kleine Geduld; denn ihr wißt es ja alle, daß eine bejahrte, umfangreiche Eiche nicht auf einen Hieb fällt.

[9.24] Wir werden somit auch mit dem ganz eigentlichen Leuchten demnach ja wohl noch zu rechte kommen.

[9.25] Was ist demnach dieses Leuchten an und für sich? —

[9.26] Ein Beispiel wird euch die Sache anschaulich machen. Was bemerket ihr an einem Menschen, dessen Herz noch voll Hochmuthes ist, so er von irgend woher einen so recht derben, demüthigenden Stoß erhält? Wird er nicht sobald über die Maßen in Zorn gerathen, also zwar, daß er darob am ganzen Leibe vor Grimm zu beben wird anfangen und seine Augen glühend werden, als wäre hinter ihnen eine Feueresse angebracht, und seine Haare werden sich sträuben nach allen Seiten? — So er sich in seiner gleichgesinnten Umgebung befindet, wird diese nicht auch sobald, wenn auch nicht in diesem hohen Grade, aber dennoch nach dem Grade der Befreundung entweder mehr oder minder mit zornig werden?

[9.27] Ich bin der Meinung, diese Erscheinung bedarf hier keiner nähern Erklärung, sondern ihr brauchet nur auf ein Kriegsheer eure Augen zu richten, und es kann euch unmöglich entgehen, wie diese Zornausstrahlung oder dieses „Grimmfieber“ Tausende und abermal Tausende ergreift, und sie mitreißt in das blutige Gefecht.

[9.28] Nun so ihr dieses nur einigermaßen innerlich betrachtet, so hätten wir unser Leuchten an und für sich ja so gut wie vollends erläutert; denn der in der negativen Polarität eingeschlossene positiv-polarische Geist geräth durch einen Stoß ebenfalls in einen Zorn, welcher da ist ein Innewerden seiner Gefangenschaft; durch dieses Innewerden erwacht in ihm die große Begierde, sich auszudehnen oder frei zu machen.

[9.29] Da aber seine äußere negative, ihn umgebende Polarität, also beschaffen ist, daß sie zwar, bis zu einem gewissen Grade wohl ausdehnbar, sonst aber dennoch unzerstörbar oder vielmehr unzerreißbar ist, so dehnt sich der freiwerdenwollende Geist in derselben zwar insoweit aus, als es thunlich ist; da er aber dessen ungeachtet nicht durchbrechen kann; so zieht er sich schnell wieder zurück, und versucht aber dann wieder mit irrig vermeinter, erneuerter Kraft, seine Hülle zu zerreißen, welchen Akt mancher Geist in einer Sekunde viele tausend Male zu wiederholen im Stande ist; – dieser Akt wird der „Grimm“ genannt, und ist begleitet mit dem stets wachsenden Zorne.

[9.30] Was ist aber alsonach die ersichtliche Folge dieses Aktes, welcher an, und für sich das wahrhafte „Grimmfieber“ genannt werden kann.

[9.31] Nichts anderes, als daß die einem solchen zornergrimmten Geiste nahestehenden andern noch ruhigen Geister dieses Fieber wahrnehmen, nachdem sie an ihrer äußeren Polarität in ein ähnliches Mitfieber gesetzt werden, welche Fortpflanzung der Mitfieberung natürlicherweise um so schneller fortgesetzt werden kann, da die negativen Umhüllungen der Geister, aus denen eigentlich die Luft besteht, knapp an einander liegen.

[9.32] Nun haben wir eigentlich schon das Ganze, denn eben dieses Fiebern eines solchen Geistes wird vom Auge sowohl der Thiere, als auch vorzugsweise des Menschen wahrgenommen, und diese Wahrnehmung ist eigentlich das, was ihr Leuchten“ nennet, weil das Auge also eingerichtet ist, um diese allerleisesten Schwebungen wahrzunehmen, und zwar aus dem Grunde, weil auch jegliches Auge, mehr oder weniger an und für sich selbst ist zur Hälfte geistig und zur Hälfte materiell, und hat mit dem, was da „Licht“ genannt wird, eine ganz gleiche Polarität, darum es dann auch alles ihm Verwandte aufnehmen und empfinden kann.

[9.33] Wenn dann auf diese beschriebene Weise irgend eine solche Polarität in sich erbrennt, so findet auch dabei allezeit der Akt der Beleuchtung statt; die Beleuchtung aber ist dann an und für sich wieder nichts Anderes, als das Mitergriffensein derjenigen geistigen Polaritäten, welche sich in der Nachbarschaft einer solchen in sich erbrannten geistigen Polarität befinden; welche Fortpflanzung je nach dem Grade der Größe und Heftigkeit einer entzündeten geistigen Polarität entweder nähere oder weitere Distanzen ergreift und sie, wenn schon nicht in einen zu heftigen, aber doch empfindlichen Fieberzustand versetzt. Natürlicherweise wird das Fiebern immer schwächer, je entfernter dem Raum nach sich andere geistige Polaritäten von der eigentlichen in sich erbrennenden Hauptpolarität befinden.

[9.34] Nun werdet ihr sagen: „Über das Leuchten wären wir wohl im Klaren, aber noch nicht über das; darum wir beleuchtete Gegenstände ihrer Form nach erschauen, und auch noch nicht über die Beschaffenheit des verschiedenartigen Lichtes, namentlich des Lichtes der Sonne“;

[9.35] allein Ich sage euch hier noch so viel, daß solches wohl keine große Kunst mehr sein wird, nachdem wir in dieser Hinsicht ganz gründlich schon die allergrößte Schwierigkeit besiegt haben.

[9.36] Was demnach die Anschauung der Gegenstände betrifft, so ist diese an und für sich nichts Anderes, als eine durch die materielle feste Form eines Gegenstandes ihr vollkommen entsprechende Verhinderung solcher uns schon bekannten Fortpflanzung, oder sie ist eine verdoppelte Rückkehr von irgend einem Gegenstande, von welchem sie einen Afterstoß erhielt, oder so ihr es leichter versteht, einen Gegenstoß.

[9.37] Was aber das Licht der Sonne belangt, so ist ihr Leuchten mit dem Leuchten eines uns bekannten Fünkchens gleichartig; der Unterschied liegt nur darinnen, daß das weiße Licht der Sonne dem Beben der Liebe fast auf dieselbe Weise entstammt, wie das euch bekannte röthliche Brandlicht dem Beben des Zornes; und da das Licht der Sonne dem Beben der Liebe entstammt, so ist auch dessen Fortpflanzung unterschieden von der Fortpflanzung des Lichtes, welches dem Beben des Zornes entstammt.

[9.38] Worin aber dieser Unterschied besteht, und wie demzufolge wir zu unserem Siege hinsichtlich unseres Thierchens gelangen werden, solle euch nächstens klärlich gezeigt werden.

[9.39] Und somit lassen wir es für heute wieder gut sein.

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