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Die Fliege

Weitere Nützlichkeit der Fliege

Am 18. März 1842

[6.1] Ihr werdet sicher schon bemerkt haben, dass die Fliegen sich vorzugsweise gern an jene Orte setzen, wo es etwas zu naschen gibt, aus welchem Grund sie auch bei einer Mahlzeit als ungebetene Gäste sehr gern in großer Menge sich einfinden und daselbst mit großer Begierde über die Speisen und deren Überbleibsel sich hermachen. Ihr werdet auch bemerkt haben, dass sich diese Gäste bei einer Mahlzeit dann um so häufiger einfinden, wenn die Tage recht schwül werden und die Zimmer, da gespeist wird, nieder und moderduftend sind.

[6.2] Aber jetzt entsteht denn schon wieder eine Frage, und es werden viele sagen: „Ja, sollten wir denn diese Schmarotzer auch da haben, wenn sie unsere Mahlzeit verunreinigen und uns bei jedem Bissen, den wir in den Mund stecken, nicht selten bis zur Unausstehlichkeit lästig werden?“

[6.3] Allein, Ich sage euch darauf: So fragt, urteilt und ärgert sich nur der höchst kurzsichtige Mensch! Denn könnte er sehen und völlig begreifen die große Wohltat, die ihm eine Fliege dadurch erweist, so sie sich auch nur auf zwei Augenblicke lang auf den Bissen oder Löffel setzt, den er zum Mund führt, – wahrlich er täte nicht zu viel, wenn er, wie ihr zu sagen pflegt, die Fliege vergolden ließe!

[6.4] Denn seht, alle Speisen, mit sehr geringer Ausnahme, haben vermöge ihres in sich enthaltenden Zuckerstoffes das Eigentümliche, dass sie namentlich an einem so recht schwülen Tag aus der verdorbenen Luft allen Stickstoff an sich ziehen. So da die Speise nur eine kurze Zeit irgend stehenbleibt, so wird diese arge Luft in ihr dadurch sogleich bemerkbar, dass fürs Erste die Speise leicht in eine Säure übergeht, oder über mancher wird sobald ein Schimmel bemerkt, oder manche ändert ihre Farbe, oder manche wird am Ort, da sie am wenigsten dicht ist, ein mattbläuliches Aussehen bekommen. Seht, das sind lauter Wirkungen der verdorbenen Luft!

[6.5] Ja, was tun denn aber die Fliegen dabei? Seht, da die Fliege, wie wir schon wissen, vermöge ihrer Einrichtung eine kleine herumfliegende elektrische Flasche ist, so ist sie auch nach allem begierig, was in ihr natürliches Gebiet einschlägt.

[6.6] Diese verdorbene Luft ist negativ-elektrischer Art und sondert daher alle positive Elektrizität oft in einem so hohen Grad ab, dass da nicht selten entweder in einem solchen Zimmer oder noch mehr in den in einem solchen Zimmer genossenen Speisen sich kein Fünkchen positiver Elektrizität mehr befindet.

[6.7] Jetzt kann sich dann ein jeder denken: Wenn in einem solchen Zimmer nicht häufig diese Elektrizitätsträger sich einfinden würden, wie würde es da bald aussehen mit der leiblichen Gesundheit des Menschen? Aber das wäre noch das Wenigste; denn solange die verdorbene Luft sich noch in dem ganzen Raum des Zimmers aufhält, da hat sie auch noch immer so viel Spannkraft, dass sich wenigstens die Lunge bei der Einatmung derselben auszudehnen vermag. Wird aber diese Luft einmal aller ihrer Spannkraft ledig, so fällt sie dann als ein schmutzig dunstiger Tau namentlich auf die ihr verwandten Teile, als da die Speisen es sind, nieder. Wenn sodann ein Bissen, den der Mensch genießen will, schon mehrfach betaut ist, so setzen sich dann auch gerne eine oder mehrere Fliegen dahin und lassen vom Überfluss ihrer positiven Elektrizität über den Gegenstand ausströmen, den sie bekriechen.

[6.8] Was ist nun die Folge dieses Aktes? Ich sage: Nichts mehr und nichts weniger, als dass dadurch diese niedergeschlagene Luft gewisserart sobald wieder belebt wird und flüchtig; sie entsteigt dann dem zu genießenden Bissen oder der noch in einer Schüssel befindlichen Speise, durch welchen Zersetzungsprozess die Speise wieder unschädlich genießbar wird, wo im Gegenteil oder in Ermangelung dieser kleinen lästigen Chemiker nicht selten an einem solchen schwülen Tag, besonders in einem vorerwähnten Zimmer, selten ein Mensch über die Mahlzeit hinaus leben dürfte.

[6.9] Wie gefällt euch nun dieser Nebendienst? Ist das nicht wieder ein Wunder, welches heutzutage noch also wirksam ist, wie es war in den urältesten Zeiten, in welchen Menschen gelebt haben?

[6.10] Aber ihr werdet euch vielleicht denken und dann sagen: „Nein, das geht aber doch etwas ins zu Außerordentliche über! Eine Fliege soll solch einen Wirkungskreis haben?!“

[6.11] Und Ich sage euch darauf: Nicht nur einen solchen Wirkungskreis, von dem ihr jetzt erst ganz etwas Unbedeutendes kennt, sondern einen solchen Wirkungskreis hat dieses unscheinbare Geschöpfchen, dass er für eure Begriffe so gut wie unendlich ist. Denn sollte Ich euch alles kundgeben, was dieses Tierchen betrifft, so würden hunderttausend Schreiber in einer Million von Jahren nicht fertig werden, so sie auch Tag und Nacht ohne Unterlass schreiben möchten.

[6.12] Also wundert euch nicht zu hoch über diese etlichen Punkte nur, die Ich euch bekanntgegeben habe! Wer aber da einen richtigen Weg gehen will, der denke, dass von Mir aus jedes noch so unscheinbare Ding einen unendlichen Wert hat.

[6.13] Solche Gedanken werden jedem Menschen sehr gut zustattenkommen, da sie fürs Erste ihn im beständigen Zustand der Demut erhalten, andererseits aber auch klärlich zeigen werden, auf welchem Standpunkt sich sonach erst ein gerechter Mensch befindet, an dem doch sicher mehr gelegen sein wird als an einer ganzen Trillion von Fliegen.

[6.14] Doch da wir uns nun im Gebiet der Fliegen befinden, so wollen wir denn auch nicht den Wert eines Menschen ermessen, sondern wollen dafür diesem schon besprochenen Nebenzweck der Fliege noch eine kleine Aufmerksamkeit schenken.

[6.15] Ihr werdet auch bemerkt haben, dass die also gesättigten Fliegen dann sehr gern auf glänzende Gegenstände fliegen und dieselben nicht selten ganz gewaltig beschmutzen. Da werdet ihr, Meine lieben Kleinen, auch wohl untereinander fragen: „Sollte etwa das gar auch noch etwas Nützliches sein?“

[6.16] O ja, sage Ich euch; dieses ist gar sehr nützlich, und es wäre ohne dem die vorher besprochene chemische Arbeit dieser Tierchen nur zur Hälfte nützlich, so dieser zweite geringfügig scheinende Akt nicht sobald erfolgen würde.

[6.17] Wir wissen schon aus dem Früheren, dass die Fliege zuallermeist eine negativ-elektrische Nahrung zu sich nimmt, und ist somit ein wahrer Giftsauger, sowohl aus der Luft, von Menschen und von Tieren, und von all den Speisen, die der Mensch genießt.

[6.18] So kann demnach auch ihr Unrat, wenn gerade auch nicht mehr schädlich-giftig, aber doch rein negativ elektrisch sein. Wir wissen aber auch, dass die positive Elektrizität sich zumeist an die polierten Gegenstände drängt. – Seht, jetzt werden wir es bald heraushaben! – Damit sich dann aber in einem an positiver Elektrizität armen Gemach die wenige Elektrizität, die da an den polierten Gegenständen sich aufhält, gehörig verteilt, so bekleistern diese Chemiker sorgfältig solche polierten Gegenstände, wodurch dann diese an der Kraft stets mehr und mehr verlieren, die nötige und der Zimmerluft unentbehrliche Elektrizität anzuziehen. Wenn ihr etwa dieses schwer glauben sollt, so stellt nur vergoldete Gegenstände in ein solches Zimmer, und ihr könnt versichert sein, dass sie von diesen Chemikern binnen kurzer Zeit also bekleistert werden, dass ihr gar wenig vom Gold mehr werdet durchblitzen sehen.

[6.19] Ja, warum haben aber diese Tierchen gerade auf das Gold eine solche Passion?

[6.20] Darauf sage Ich euch nichts anderes als: Warum vergoldet ihr denn eure Blitzableiter?

[6.21] Ihr müsst darauf antworten: Weil das Gold namentlich die positive Elektrizität außerordentlich stark an sich zieht. Aber, werdet ihr sagen, die Fliegen beschmutzen auch die Fensterscheiben, und das Glas zieht bekannterweise die Elektrizität nicht an!

[6.22] Das ist zwar wahr, aber Ich frage euch dagegen: Warum verwendet man denn gläserne Scheiben oder Zylinder als wohltaugliche Mittel, um die in der Luft freie Elektrizität durch eine geringe Reibung ersichtlich zu machen?

[6.23] Seht, jetzt habe Ich euch schon wieder gefangen und gebe euch zur Antwort: Weil die Elektrizität sich eben an den Glasscheiben vorzugsweise gern ansammelt, und wenn diese dann nur ein wenig gerieben werden, so wird sie auch sobald ersichtlich.

[6.24] Da wir nun solches wissen, so können wir ja auch füglich unsere kleinen Chemiker dahin schmutzen lassen, damit diese Elektrizitätshalter stets rauer werden und daher stets untauglicher, die Elektrizität an sich zu halten, und diese dadurch gezwungen wird, sich mit der anderen Zimmerluft gerechter zu vermengen.

[6.25] Nun, was sagt ihr jetzt dazu, so ihr das Gesagte nur ein wenig aufmerksam durchgeht? Seht, also nicht einmal ein alter, unbedeutender Fliegenschmutz ist ohne Meine Weisheit und Vorsehung an die Stelle gelegt, da er sich befindet, da er doch nur ein purer Unrat eines solchen unbedeutenden Tierchens ist.

[6.26] Was soll man dagegen denn einem Menschen für eine Antwort geben, der mit seiner hohen Vernunft die Bestimmung des Menschen selbst annulliert? O der entsetzlichen Torheit!

[6.27] So Ich schon also sorge, dass das Allerunscheinbarste eine überaus nützliche Bestimmung in sich birgt, und einer unbedeutendsten Fliege alle ihre unscheinbarsten Verrichtungen also wohl nützend vorschreibe, um wie viel mehr werde Ich für den Menschen sorgen, der da nicht nur ein Geschöpf, sondern ein wahrhaftes Kind Meiner Liebe ist oder es zum Wenigsten werden soll, das heißt: dass er erkennen soll, dass Ich ihm ein Vater bin und nicht nur ein Schöpfer wie den Steinen und Erdklötzen.

[6.28] Es muss aber ja schon ein nur einigermaßen kindlich frommes Herz sagen, dass Ich sogar väterlich sorge für das stumme Gras des Feldes – und solches ist wahr, ja überaus vollkommen wahr; denn nur der Vater gibt Speise und Trank allen Dingen, die auf was immer für eine Art speise- und trankfähig sind. Wenn Ich aber auf diese Weise schon für die stummen Dinge also väterlich sorge, da werde Ich doch sicher für diejenigen Wesen umso mehr als Vater sorgen, die Ich wahrhaft nach Meinem Ebenbild als Kinder aus Meiner Liebe hervorgehen ließ!

[6.29] Solches beachtet wohl! Und es ist sicher der Mühe wert, Meine väterliche Sorge an den kleinen Dingen zu beachten, damit es dem Zweifler doch einmal klar werden möchte, dass Ich nicht ein allesfressender, unbegreiflicher Macht-Gott bin, sondern dass Ich nur einzig und allein ein wahrer Vater bin allen Meinen lieben Kindern, und bin kein verschwenderischer Vater, sondern ein überaus wirtschaftlicher, der Ich sogar den Unrat einer Fliege zum Besten Meiner Kinder zu verwenden weiß.

[6.30] Ja, Ich sage euch, da gibt es noch zahllose und viel unbedeutendere Dinge, und doch lasse Ich das Allerunendlichgeringe nicht zugrunde gehen! Da Ich demzufolge doch sicher nicht ein alles auffressender Gott, sondern ein selbst das Geringste erhaltender Vater bin und wirtschafte also überaus getreu für Meine Kinder, – wie groß muss demnach die Blindheit der Menschen sein, die Mir Meine unablässige, allerkümmerlichste Vatersorge um Meine Kinder streitig machen wollen?!

[6.31] O meine lieben Kindlein! Glaubt es Mir sicher, Ich bin Tag und Nacht sogar für das Wachstum eines jeden Härchens auf eurem Leib besorgt, was doch gar bald samt dem Leib in die Verwesung übergehen wird; um wie viel mehr erst werde Ich dann sicher besorgt sein für eure unsterbliche Seele und euren ewigen Geist aus Mir!

[6.32] Ja, ja, Meine Lieben! Beachtet nur diese kleine Fliege, sie singe euch wahrlich vom Siege, welchen ihr aber erst vollkommener in der nächstfolgenden positiv-polarischen Darstellung deutlicher und deutlicher erkennen werdet!

[6.33] Und so lassen wir es für heute bei dem bewendet sein!

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