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Die Fliege

Fernerer nützlicher Nebenzweck der Fliege

Am 17. März 1842

[5.1] Ihr werdet an einem warmen Sommertag schon zu öfteren Malen die Erfahrung gemacht haben, dass besonders an einem schwülen Nachmittag sich nicht selten des müden Menschen ein süßer Schlaf bemächtigen will. Der noch in der vollen Jugend ist, der kann sich denselben wohl durch allerlei Mittel vertreiben, dergleichen da wären besonders leibliche Bewegungen oder sonstige unterhaltende Stellungen, in welchen der jugendliche Mensch also geweckt wird, dass der Schlaf ihn nicht so leicht bemeistern kann.

[5.2] Aber ganz anders verhält es sich mit schon ganz bejahrten Menschen, deren Glieder schon vieles mitgemacht haben und daher auch steifer, mühseliger und schläfriger geworden sind. Wenn bei denen die sie umgebende Luft an einem solchen Tag ihres Lebensstoffes hinsichtlich auf ihren Bedarf ermangelt, so tritt dann auch sobald die erwähnte Schläfrigkeit ein, und ein solcher Mensch vermag sich da nicht aufrechtzuerhalten. Damit ihr aber das Nachteilige solchen Schlafes vollkommen ersehen mögt, so ist es notwendig, einen Blick vorher auf den natürlichen Schlaf des Menschen zu werfen.

[5.3] Warum wird denn der Mensch natürlicherweise zur Nachtzeit schläfrig und nicht also am Tag? Die Ursache ist zwar ganz natürlich; aber da gar viele das Gebiet der natürlichen Sphäre noch nicht erkannt haben, so ist ihnen auch zumeist die Ursache des natürlichen Schlafes unbekannt.

[5.4] Und so seht denn: Wenn das Licht der Sonne als der positiv polarische Teil des natürlichen Lebens seine Strahlen auf eine oder die andere Erdhälfte nicht mehr spendet, so wechselt auf der Erde die Polarität auch immerwährend, so zwar, dass sooft für irgendeinen Teil der Erde die Sonne untergegangen ist, derselbe auch schon sogleich anfängt, negativ polarisch zu werden.

[5.5] Der negative Pol des Lebens aber entspricht ganz vollkommen dem gleichen der Erde. Wie dieser aber an und für sich der natürlichen Lebenstätigkeit widerstrebt, also auch der entsprechende im Menschen, indem er die positive Elektrizität im Menschen mehr und mehr aufzehrt, und dieser somit die äußere Lebenstätigkeit auch mehr und mehr verliert, – bei welcher Gelegenheit dann zuerst jene zarten beweglichen Teile, als z. B. die Augenlider sind, diesen Nachlass verspüren und sich darum auch nicht mehr aufrechtzuerhalten vermögen und bald nach ihnen sonach auch alle anderen Teile des Leibes in denselben geschwächten Zustand übergehen, welcher Zustand dann den natürlichen nächtlichen Schlaf bei den Menschen ausmacht. Fängt dann wieder der Morgen und der Aufgang der Sonne sich zu nähern an, so vermehrt sich auch oder wird stets stärker und stärker der positive Pol, und der Mensch wird geweckter und geweckter, d. h. sein Schlafzustand wird schwächer, welches Abnehmen der negativen Polarität und verhältnismäßige Zunehmen der positiven so lange andauert, bis der Mensch vollkommen wach wird.

[5.6] Es fragt sich jetzt nur noch einzig darum, in welchem Verhältnis der natürliche Schlaf mit dem vorerwähnten Tagesschlaf steht. Ist dieses begriffen, so haben wir schon nahe die ganze bedungene Sache.

[5.7] Dieser Tagesschlaf ist dem natürlichen Schlaf ganz entgegengesetzt, nachdem er nicht von einer Abnahme der positiven Elektrizität herrührt, sondern nur von der Übersättigung derselben, – und Übersättigung aus dem Grund, weil ein weniger regsamer Körper all die aufgenommene Elektrizität nicht mehr aufzuzehren oder vielmehr auszutauschen vermag in die gerechte Vielheit der negativen.

[5.8] Wenn sonach das Positive anfängt überwiegend zu werden, so fängt dann auch das Negative in demselben Verhältnis an, sich zu vermindern. Was ist nun die Folge davon? Solches ist sehr leicht zu begreifen.

[5.9] Wenn ihr betrachtet, wie zwei ungleich kräftige Menschen miteinander ringen: Je schwächer der Schwächere wird, desto mehr Gewalt bekommt der Stärkere über ihn. Ist aber einmal der Schwache vollends besiegt, so hat es auch mit der Stärke des Stärkeren ein Ende, da er nichts mehr hat, auf das er seine überwiegenden Kräfte stützen könnte. Jede Kraft aber sobald wie keine Kraft ist, so sie keinen Stützpunkt hat oder nichts, an das sie sich lehnen könnte.

[5.10] Seht nun, Meine Lieben, gerade also verhält es sich auch mit dem Menschen, so er am Tag vom Schlaf befallen wird, das heißt und wohlgemerkt, an einem mit Elektrizität überfüllten schwülen Sommertag. Was haben aber da denn schon wieder unsere Fliegen zu tun?

[5.11] Seht, da wird wieder sogleich ein sehr bedeutender Nebenzweck dieser Tierchen von großer Nützlichkeit herauskommen, und zwar einer von den zwei schon gestern im Vorhinein besprochenen [versprochenen].

[5.12] Seht, diese Tierchen umschwirren und umsumsen und umtrippeln gar sorgfältig einen solchen Tagschläfer und saugen durch ihre Füße und ihre sonstigen Härchen und Spitzchen die zu viele positive Elektrizität in sich, damit dadurch bei dem Schläfer diese positive Elektrizität – ungeachtet ihres übermäßigen Vorhandenseins – nicht gänzlich die negative unterdrücken und demzufolge dem schlafenden Menschen sein natürliches Leben auch fort erhalten werden kann.

[5.13] Wenn aber solches nicht der Fall wäre, dass da solche unbeachteten Regulierer dieses natürlichen Lebensstoffes tätigst das möglichste Gleichgewicht aufrechterhielten, so wäre es mit dem natürlichen Leben auch im selben Augenblick aus, sobald die positive Elektrizität die negative gänzlich besiegt hätte.

[5.14] Der schlafende Mensch treibt diese lästigen Erwecker, solange er nur immer kann, zwar fleißig weg, – allein das tut nichts zur Sache, denn solange er noch diese kleinen Belästiger von seinem Leib abzuwehren vermag, so lange ist auch keine Gefahr für sein Leben vorhanden. Hat ihn aber der Schlaf vollends gelähmt, da haben auch dann diese Belästiger ganz freien Spielraum und verhüten unfehlbar, dass dem Schlafenden etwas sein Leben Gefährdendes zustoßen könnte. Hat sich mit der Zeit und manchmal allein durch die tätige Mitwirkung dieser Belästiger die gegenseitige Polarität wieder mehr und mehr ausgeglichen, alsdann wird der Schläfer wieder wach und treibt emsig diese gewisserart kleinen Naturlebensschutzgeister von seinem Leib. Allein da mag er sie auch immerhin wegtreiben; denn so er wieder wach geworden ist, ist auch alle Gefahr so gut wie vollkommen vorüber.

[5.15] Nun, Meine lieben Kleinen, wie gefällt euch diese Nebenverrichtung dieses Tierchens? Ihr müsst ja sagen, dass solches überaus weise und gütig von Mir eingerichtet ist, und Ich sage euch noch hinzu: Wenn ihr dereinst erst den vollkommenen Zweck eines solchen Tierchens im Geiste werdet überschauen können, dann werdet ihr euch erst wundern und sagen: „Wie groß und gut bist Du, o heiliger Vater, da Du schon in solche unbedeutend scheinende Geschöpfe solche unergründlich wohlweisen Zwecke gelegt hast! Wer kann Dich auch nur für eine Fliege genug loben und preisen! Woher werden wir erst Worte, Gedanken und Empfindungen nehmen, um Deine Erhabenheit, endlose Liebe und Weisheit in einem Deiner vollkommeneren Geschöpfe zu beloben, zu empfinden und dankbarst anzuerkennen!“

[5.16] Ja, Meine lieben Kindlein, in einer Sonne liegt freilich wohl noch Größeres denn in einer Fliege. Wer aber Mich erkennen will, der muss zuerst in die kleine Schule gehen und in dieser den lieben Vater zu erkennen anfangen. Ist er in dieser bestanden, so wird er sicher auch hernach in der größeren bestehen und wird sich freuen über die Maßen, da er daselbst erkennen wird, dass derselbe liebevollste heilige Vater, der selbst die kleine Fliege lenkt und leitet in ihrem Wirkungskreis, dort Sonnen führt durch ungemessene Bahnen und den erhabensten, mächtigsten und vollkommenen Geistern vorschreibt Gesetze der ewigen Liebe.

[5.17] Seht, Meine Lieben, solches alles werdet ihr erst dereinst vollkommen erkennen, und so lasst uns denn wieder zurückkehren in diese engen und bis jetzt noch völlig unbeachteten Wirkungskreise, d. h. lasst uns wieder zurückkehren zu unserer kleinen Fliege und an derselben noch einen wohlnützlichen Nebenzweck beachten.

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