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Die Fliege

[2.3] Sehet, das ist schon etwas Wunderbares, wenn ihr bedenket, daß auf einer aufrechtstehenden polirten Fläche ohne ein klebriges Bindungsmittel nicht einmal das allerleichteste Federflaumchen hängen bleibt, wie demnach der Fliege solches möglich sein kann, ohne Beihilfe eines klebrigen Mittels.

[2.4] Es haben aber einige sehr thätige Naturforscher mittelst stark vergrößernder Kleinschauwerkzeugen gefunden, daß die Fliege — und alle Thiere ihres Geschlechts — an ihren Füßen zwischen zwei Krallen eine Art sehr elastischer hohler Glöckchen [in Klammern Symbol einer Glocke] angebracht haben, welche sie gleich reinen Luftrezipienten zum Verdünnen der Luft gebrauchen dürften, und zwar auf folgende Weise: Wenn da eine Fliege den einen oder den andern Fuß an eine aufrechtstehende Glasscheibe setzt, so sauget sie sobald die im Glöckchen befindliche Luft in sich, wodurch dann der mit dem luftleeren Glöckchen versehene Fuß von der Schwere der das Glöckchen von Außen umgebenden Luft sobald an der besagten Fläche festgehalten wird. —

[2.5] Allein zu dieser Verrichtung müßte dann jede Fliege in sich eigene Luftpumpen haben; und in welcher Schnelligkeit müßten diese von einem unaussprechlich gewandten Mechaniker gehandhabt werden, damit sie dem äußerst geschwinden und allerunbestimmtest launigen Getrippel der Fliege völlig Genüge leisten sollten?!

[2.6] Sehet, solches ist nicht leicht denkbar, obschon die Fliege ganz richtig im Besitze solcher scheinbarer Luftglöckchen ist; — wenn aber demnach die Fliege nicht auf die von den Naturforschern vermeinte Art sich mit den Füßen auf der besagten Fläche erhält, auf welche Art erhält sie sich hernach? Die Antwort wird aus der nachfolgenden Darstellung sehr leicht zu entnehmen sein.

[2.7] Wenn ihr nur einmal eine Fliege recht aufmerksam betrachtet habet, so müßt ihr ja wohl bemerkt haben, daß die Fliege allenthalben an ihrem kleinen Körper mit kleinen Härchen und andern kleinen hornartigen Spitzen versehen ist, ja sogar das Flügelpaar an den äußersten Rändern mit einer Unzahl strahlenförmig auslaufender Spitzfederchen.

[2.8] [Text fehlt]

[2.9] Diese Härchen und Spitzchen sind lauter wohltaugliche Elektrizitätssauger, und diese dadurch von der Fliege in sich gesogene Elektrizität strömt dem negativen Theile nach, welcher zugleich auch der anziehende oder zusammenziehende ist, unablässig fort durch die Füßchen in die schon bekannten Glöckchen, wodurch dann diese Theile sehr hungrig nach der positiven Elektrizität werden. Da sich aber diese vorzugsweise an den polirten Flächen aus der Luft ansammelt, so ist dann ja auch ganz natürlich, daß die Fliege auf jeder wie immer gestellten polirten Fläche zum Behufe ihres Gehens haften bleiben muß, indem schon alt bekanntermaßen entgegengesetzte Polaritäten sich immerwährend anziehen.

[2.10] Sehet, das ist demnach die Antwort auf die obige Frage.

[2.11] Aber, ihr werdet sagen, da geht es dann ja ganz natürlich zu; wie ist es demnach ein Wunder? — Worauf Ich euch freilich wohl nichts anderes zur Antwort geben kann, als: Je natürlicher euch eine Sache vorkommt, desto wunderbarer ist sie auch darum, weil es kein vergängliches und darum auch wenig nützendes, sondern ein bleibendes und demnach stets und für alle Zeiten wohlnutzendes Wunder ist für Den, der es in Meinem Namen beachten will, denn ihr brauchet nur ein wenig nachzudenken, und es muß euch sobald einleuchtend werden, an welchem Wunder da mehr gelegen ist, ob an dem Durchzuge der Israeliten durch das rothe Meer, oder ob an der Beständigkeit eines fruchttragenden Baumes, der heut zu Tage noch dieselben Früchte trägt, die er getragen hat zu den Zeiten Adams, und an unserer Fliege, die heutzutage noch dieselbe ist, als wie sie um sehr viele Millionen Jahre vor Adam war! Urtheilet nun selbst, welches Wunder sonach größer und wichtiger ist?

[2.12] Wenn demnach die Fliege sowohl vermöge ihrer Entstehung als vorzugsweise zufolge ihres Fortbestehens und allerzweckdienlichsten Gebrauches aller ihrer lebensfähigen Bestandtheile und ganz besonders zu Folge ihrer noch bis jetzt ganz unbekannten doppelten Nützlichkeit eine wunderbare, ja großwunderbare Erscheinung von Mir benannt wird, so kann ja das Gehen einer Fliege auf einer polirten Fläche mit beiweitem größerem Rechte ein Wunder genannt werden, — wovon sich jeder Mensch noch täglich überzeugen kann, wenn er je nur einigermaßen diese Erscheinung in seinem Herzen gewürdiget hat, — als der Einsturz der Mauern Jericho's durch den Posaunenschall, unter Anführung Josua's.

[2.13] Denn das Erste geschieht noch tagtäglich zahllosfach vor eueren Augen, während vom Zweiten außer in der Schrift auf der ganzen Erde keine Spur mehr vorhanden ist. Wer demnach von dem wunderbaren Einsturze Jericho's einen Nutzen schöpfen will, der muß dieses Faktum vorerst schwerfällig blindlings glauben, während er an einem Sommertag von mehr denn tausend solchen Großwundern erster Art heimgesucht wird, die ihm alle oft schon überlästig zurufen: „Sieh', du stolzer hochmüthiger Mensch, wie reichlich hat der große heilige Schöpfer lebendige Wunder um dich geschaffen, und lebendig erkennein dir, wie nahe dir der Herr des Lebens ist!“ —

[2.14] Urtheilet demnach wieder selbst, welches Wunder da in Beziehung auf euch größer und wichtiger ist? — Ich meine aber, eine an eueren Ohren vorübersummende Fliege, eine zirpende Grille, ein zwitschernder Sperling und ein bescheidenes Frühjahrs-Veilchen singen einem liebeverständigen Herzen nicht minder ein erhabenes hohes Lied zu Meinem Lobe, denn Salomo in all' seiner Weisheit und königlichen Pracht!

[2.15] Salomo's Weisheit ist wohl eine hohe Weisheit Denen, die selbst in der Weisheit Salomo's sich befinden; aber in dem Liede der lebendigen wie auch stummen Natur liegt Größeres und auch endlos Tieferes, denn in aller Weisheit des Sohnes Davids!

[2.16] Und so erzählt euch eine Fliege in ihrem raschen Fluge wunderbar, welche heilige Kraft ihre leichten Schwingen in Bewegung setzt, und trägt durch diese wohlgemuth das Wunderthierchen nach allen möglichen Richtungen hin und her, auf und ab, und sagt euch noch allezeit hinzu: „So der heilige Vater schon solches endlos erhaben Wunderbares thut an mir winzigem verachteten Thierchen, was wird Er erst an euch, Seinen Kindern alles tun?“

[2.17] Ist solches nicht Weisheit über Weisheit, und Wunder über Wunder?

[2.18] Der letzte Verlauf dieser Mittheilung aber wird euch erst völlig das Wunder enthüllen; und so lassen wir für heute des Guten und Wahren zur Genüge sein! —

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