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Briefwechsel Jesu

Vierter Brief des Königs Abgarus an den Herrn, der sieben Wochen später, als der dritte, geschrieben ward.

[4.1] Abgarus, ein kleiner Fürst in Edessa, Jesu, dem guten Heilande, der im Lande um Jerusalem erschienen ist, und nun verfolgt wird von einem Ende zum andern von den dummen, blinden Juden, die nicht erkennen das heilige Urlicht, die Sonne der Sonne in ihrer Mitte, alles Heil!

[4.2] O Du mein guter Heiland Jesus! Nun ist geschehen in der Wirklichkeit an meinem lieben Sohne, das Du, o Herr, mir im zweiten Briefe vorgesagt hast; er ist vor ein Paar Tagen gestorben und hat mich am Todtenbette noch angelegentlichst mit vielen Thränen im Auge gebeten, ich möchte Dir mit diesem Schreiben seinen innigsten Dank ausdrücken dafür, daß Du ihn wirklich so ganz ohne Schmerzen und ganz ohne Furcht vor dem Tode des Leibes hast gnädigst dahinscheiden lassen. —

[4.3] Dein Bild hat er wohl bei tausend Male an sein Herz gedrückt, und sein letztes Wort war: „O Du mein guter Vater Jesus! — O Jesus, die ewige Liebe, der Du allein das wahre Leben bist von Ewigkeit, — Du, der Du jetzt wie eines Menschen Sohn wandelst unter Denen, die Deine Allmacht in's Daseyn rief, und ihnen Gestalt und Leben gab, — Du allein, ja Du bist meine Liebe in Ewigkeit!!! — Ich lebe, ich lebe, ich lebe durch Dich in Dir ewig!!!" —

[4.4] Nach diesen Worten verschied mein lieber Sohn! Wohl wirst Du, o Herr, es wissen, daß da so das irdische Ende meines Sohnes war, und daß ich und mein ganzes Haus viel geweint haben um ihn; aber dennoch schreibe ich Dir dieses, wie ein Mensch dem Menschen, dieweil es also mein sterbender Sohn vor seinem irdischen Ende sehnlichst gewünscht hatte. —

[4.5] O Herr, vergib mir armen Sünder vor Dir, so ich Dir nun schon durch ein viertes Schreiben zur Last werde, und Dir, o Herr, vielleicht irgend eine Störung in Deinem allerheiligst wichtigsten Geschäfte bewirke. —

[4.6] Schließlich wage ich noch die Bitte diesem Schreiben anzufügen, daß Du Deinen Trost mir nicht entziehen möchtest; denn siehe, mich hat nun nach meinem Sohne dennoch eine große Traurigkeit befallen, der ich bei meinem festesten und wie möglich besten Willen nicht ledig werden kann; daher bitte ich Dich, Du guter Heiland, Du bester Vater von Ewigkeit, Du wollest von diesem großen Schmerze mich frei machen, aber nicht mein, sondern Dein heiliger Wille geschehe!

Kurze Antwort des Herrn auf diesen Brief in griechischer Zunge, da die früheren in jüdischer Zunge abgefaßt waren.

[4.7] Mein geliebter Sohn und Bruder Abgarus! Was deinen Sohn betrifft, so weiß Ich Alles, und es ist mir überaus lieb, das es mit ihm ein so schönes Ende für diese Welt, aber noch bei weitem schöneren Anfang in Meinem Reiche genommen hat.

[4.8] Du aber thust wohl daran, so du um ihn ein wenig trauerst; denn siehe, der Guten gibt es wenige auf der Welt! — Die aber da sind wie dein Sohn, die sind wohl einer Nachtrauer werth. —

[4.9] Siehe, auch Ich weine deinem Sohne eine köstliche Thräne nach! — So ward alle Welt aus einer Thräne aus Meinem Auge, und so wird der neue Himmel auch wieder gestaltet! —

[4.10] Ich sage dir, daß da gute Thränen von einem übergroßen Werthe im Himmel sind; denn mit diesen allerköstlichsten Juwelen wird der Himmel geziert in Ewigkeit; aber mit bösen Haß-, Neid- nnd Zornthränen wird die Hölle in ihren Vesten gestärkt.

[4.11] Daher sey dir das der größte Trost, daß du trauerst um den Guten. — Behalte aber diese Trauer noch eine Kürze, bis du nach Mir trauern wirst eine Kürze; dann wird dich Mein Jünger frei von Allem machen.

[4.12] Sey aber fortan sehr barmherzig, so wirst du auch eine große Erbarmung finden; vergiß der Armen nicht; diese sind allzumal Meine Brüder, was du ihnen thuest, das thust du Mir, und Ich werde es dir vergelten hundertfältig.

[4.13] Suche das Große, das ist Mein Reich, so wird dir auch das Kleine dieser Welt zukommen; so du aber suchtest das Kleine, da könntest du des Großen nicht werth erachtet werden. —

[4.14] Du aber hast einen Verbrecher, der nach deinem weisen Gesetze den Tod verdient hat; — Ich aber sage dir, Liebe und Erbarmung stehen höher, denn Weisheit und Gerechtigkeit; — handle daher mit ihm nach der Liebe und nach der Erbarmung, so wirst du Eins seyn mit Mir und mit dem Vater, Dem, der in Mir ist, und von Dem Ich ausgehe, als Mensch dir gleich. Amen.

[4.15] Von Mir Selbst geschrieben zu Kaphernaum, und übersandt durch deinen Boten.

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